Mohamed Salah, der All-inclusive-Fussballer
Einst zauberte Mohamed Salah beim FC Basel, heute gehört er zu den aufregendsten Spielern der Premier League. Die Geschichte eines Aufstiegs mit Umwegen.

Es war am 10. Juli 2013, als ihn Jürgen Klopp zum ersten Mal entdeckte. Ihn, diesen jungen Ägypter mit der Nummer 22 auf dem Rücken. Es war ein Freundschaftsspiel im Sommer, Klopps Dortmunder gegen den FC Basel. Der BVB gewann problemlos 3:1. Und doch stach bei den Verlierern einer heraus: dieser Ägypter.
«Ich dachte: What the F***?», schilderte der Deutsche diesen Moment einmal im «Kicker». Er war begeistert. Von den Dribblings. Dem Tempo. Dem Potenzial. Klopp wollte ihn nach Dortmund holen, doch als er seinen Wunsch im Verein äusserte, wurde er darüber unterrichtet, dass Salah bereits bei Chelsea unterschrieben habe. Das war im Januar 2014.
Heute, vier Jahre später, schwärmt Klopp noch immer von Salah. Der 25-Jährige ist aber mittlerweile nicht mehr Gegenspieler, sondern einer seiner Spieler. Seit vergangenem Sommer sind sie vereint. An der Anfield Road in Liverpool. Es ist eine fruchtbare Zusammenarbeit. Die Reds belegen gegenwärtig den dritten Platz. Und Salah zaubert Wochenende für Wochenende. Am Sonntag gegen Southampton harmonierten er und Teamkollege Roberto Firmino wieder einmal prächtig. Zusammen führten sie Liverpool zum nächsten Sieg.
In Ägypten ein Volksheld
Mit seinem 22. Ligator stellte er auch gleich noch einen Premier-League-Rekord ein. Nur dem ehemaligen Liverpool-Star Robbie Fowler gelangen in der Saison 1994/95 gleich viele Tore mit dem linken Fuss wie dem Ägypter. Bei deren 19 steht er nun. Dass er bald alleiniger Rekordhalter sein wird, steht ausser Frage. Salah ist in prächtiger Verfassung. «On fire», wie sie auf der Insel gerne sagen. Die britischen Medien nennen ihn bereits «den mächtigen Mo». Oder auch Pharao.
In Ägypten ist Salah ein Volksheld. Etwa, weil er fünf Tore zur WM-Qualifikation beisteuerte und seinem Land erstmals seit 1990 eine WM-Teilnahme ermöglichte. Und, weil er nie vergass, woher er stammt. Als ihm ein Geschäftsmann nach einem Tor in der WM-Qualifikation gegen den Kongo eine Luxusvilla schenken wollte, fragte er, ob er stattdessen das Geld haben dürfte, um es seiner Heimatstadt spenden zu können.
Salah, der Grosszügige, unterstützte auch schon den Bau von Turnhallen und Fussballplätzen. Weil er dankbar ist, wie er sagt. Dankbar für das, was er erreicht hat – und deshalb bewirken kann. «Ägypten erachtet ihn als Geschenk», sagte der ägyptische Fussballexperte Marwan Saeed der BBC. Geschenkt wurde Salah ausser Talent allerdings nicht viel.
Basel als Tor zu Europa
Als 19-Jähriger wechselte er im Sommer 2012 in die Schweiz nach Basel. Die ersten Wochen und Monate waren nicht einfach. Salah verstand kein Englisch, geschweige denn Deutsch. Er fühlte sich vom Club zwar nicht allein gelassen, allein war er zu Beginn aber trotzdem oft. Die Akklimatisierung dauerte. In Basel sahen sie zweifelsohne sein Talent, nur waren seine Auftritte nicht immer befriedigend.
Er sagte sich, dass er sich verbessern müsse. Jeden Tag. Er wollte stets besser sein als all die anderen. Es gelang ihm. Vor allem dann, als ihm viele zuschauten. Etwa im Herbst 2013, als er in der Gruppenphase der Champions League Basel zu zwei Siegen über das grosse Chelsea führte. Wenig später waren die Londoner sein neuer Arbeitgeber.
Ein Jahr spielte er an der Stamford Bridge. Der Durchbruch kam nie. Nach lediglich 19 Einsätzen leihte man ihn nach Florenz aus. Dort spürte er die ersehnte Zuneigung. Weil Salah im Sommer darauf aber nicht mehr für die Fiorentina spielen wollte, war es eine kurze Liaison. Fortan spielte er als Leihgabe bei der Roma – und vor allem gross auf. In seiner ersten Saison war er mit 15 Toren der zuverlässigste Torschütze im Team.
Im Sommer darauf übernahmen ihn die Italiener definitiv. Und Salah zauberte weiter. So sehr, dass Liverpool im Sommer 2017 bereit war, rund 42 Millionen Franken für ihn zu zahlen. Der Ägypter war angetan, spielte er doch als Jugendlicher immer mit den Stars von Liverpool auf seiner Spielkonsole. Also kehrte er in die Premier League zurück. Obwohl das Etikett des Gescheiterten an ihm haftete, weil er sich bei Chelsea einst nicht durchsetzen konnte. Die Bedenken aber verflogen bald. Es stellte sich heraus, dass Salah nicht mehr der Alte war. Er war nun stärker, schnell, treffsicherer, kompletter.
«Salah ist erwachsen geworden»
Der frühere Chelsea-Stürmer Pat Nevin sagt heute: «Die Zeit bei den Blues war tough für ihn, aber da waren auch andere Weltklassespieler, die bei Chelsea Mühe hatten. Nun ist er erwachsen geworden. Ich glaube, er wäre auch bei Chelsea wunderbar gereift, hätte man ihm eine Chance gegeben.» Und Liverpool-Trainer Jürgen Klopp stichelt: «Die Frage ist, was Chelsea nicht in ihm gesehen hat?»
Der Deutsche nennt Salahs Spielstil «All-inclusive-Fussball». Darunter versteht er einen Spieler, der schnell ist, viele Spiele macht, Tore erzielt und vorbereitet. «Zudem ist er Linksfuss», sagt Klopp. «Das macht ihn sehr wertvoll für uns.» 29 Treffer und 10 Vorlagen gelangen Salah bislang. Wunderbare Werte. Und doch nimmt sich der Torjäger nicht zu wichtig. «Er kann Tore schiessen und den Superstar spielen, und gleichzeitig arbeitet er sehr hart und hilft auch in der Verteidigung», sagt sein Teamkollege Simon Mignolet über ihn.
Viele bezeugen, dass Salah ein ruhiger, bescheidener Mensch sei. Einer, der mit beiden Beinen auf dem Boden stehe. Gegenüber den Medien ist er zurückhaltend. Er ist kein Mann der ausschweifenden Sätze. Er hat nur den Fussball im Kopf. Der Platz ist der Ort, wo er Antworten liefern will. Es gelingt ihm im Moment so gut wie nie zuvor.
Als Kind verpasste er kein Champions-League-Spiel, eiferte grossen Namen wie Ronaldo, Zidane oder Totti nach. Heute ist er selbst einer, den viele Kinder nachzuahmen versuchen.
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