Kaufrausch am Black FridayNach dem Shopping-Wahn kommt oft die Reue
Schnäppchentage können jene Menschen in Schwierigkeiten bringen, die sowieso schon wenig Geld auf der Seite haben. Expertinnen kritisieren die Detailhändler.

70 Prozent Rabatt auf ein Strickpulli, 40 Prozent auf einen Staubsauger: Knallig und mit fetten Grossbuchstaben preisen die Detailhändler ihre Black-Friday-Angebote an. Und viele Kunden greifen zu.
Verständlich, denn die Angebote sind verlockend. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass wir unnötige Waren kaufen. Laut einer repräsentativen Onlinebefragung des Umfrageinstituts Demoscope hat ein Drittel der Befragten mindestens einen der letztjährigen Black-Friday-Einkäufe inzwischen bereits bereut. Bei den Jungen zwischen 15 und 34 Jahren sind es sogar zwei Drittel, die zugegriffen haben, ohne vorher zu überlegen, ob sie das Produkt auch tatsächlich brauchen.
Kritik an den Detailhändlern
Es lockt der schnelle Klick. Das mittlerweile etablierte Onlineshopping führt dazu, dass die Kunden vermehrt auf Pump kaufen – sie zahlen nämlich verzögert, via Kreditkarte oder Rechnung. Auch Ratenzahlungen sind gängig.
«Auf dem Preisschild wird dann suggeriert, dass der Preis runtergesetzt wurde, was nicht zwingend der Realität entspricht.»
Expertinnen warnen. «Solchen Aktionstagen stehen wir sehr kritisch gegenüber», sagt Katharina Blessing. Sie ist Co-Geschäftsleiterin der Zürcher Schuldenberatungsstelle. Die Detailhändler würden «die Preise vermutlich vorgängig langsam erhöhen, damit sie dann etwa am Black Friday einen grösseren Rabatt gewähren könnten».
«Auf dem Preisschild wird dann suggeriert, dass der Preis runtergesetzt wurde, was nicht zwingend der Realität entspricht», bemängelt Blessing. Sie rät, eine Anschaffung genau zu prüfen und den Preis des gewünschten Produktes über die Zeit zu beobachten.

Rabatte sind für gewisse Leute gefährlich. Doch viel wichtiger dafür, ob jemand in die Schuldenspirale gerät oder nicht, seien einschneidende Lebensereignisse, sagt Christoph Mattes, Experte für Schuldenprävention an der FHNW in Muttenz. Wenn jemand einen Schicksalsschlag erleide oder ganz einfach nicht zurechtkomme mit unserem komplizierten System und in Rückstand gerate mit dem Bezahlen von Steuer- und Krankenkassenrechnung, trage dies viel stärker zur Überschuldung bei als der Konsum auf Pump.
Edith Hollenstein ist Wirtschaftsredaktorin. Sie schreibt vor allem über Tech-Firmen, Detailhandel/Konsum und die Kreativwirtschaft.
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