Nach den O-Bikes: Jetzt drängen die E-Roller nach Zürich
2017 war das Jahr der Sharing-Bikes, 2018 soll jenes der Sharing-Roller werden – auch dank eines ETH-Start-ups.

Die Revolution beginnt in den Köpfen. Darauf hofft derzeit Stadträtin Claudia Nielsen (SP): «Wir brauchen kreative Vorschläge, damit Zürich auch in Zukunft lebenswert bleibt.» Die Gesundheits- und Umweltvorsteherin schaut deshalb gespannt auf den Climathon, wo Tech-Experten bis heute Abend darüber brüten, wie Zürich grüner, nachhaltiger und lebenswerter gemacht werden kann.
Moritz Meenen und seine Firma Electric Feel dürfen sich zu den Hoffnungsträgern zählen. Als Teilnehmer des Ideenwettbewerbs und als Softwareentwickler, die bereits Konkretes geschaffen haben. Nämlich die gemäss Eigenaussage «intelligenteste elektronische Plattform im Bereich Shared-Mobility».
Damit ist das ETH-Spin-off Vertreter eines Megatrends: Shared Mobility – geteilte Fahrzeuge statt individuelle Gefährte. In Zürich hält die Entwicklung noch etwas zögerlich Einzug. Mit dem Taxiunternehmen Uber etwa, das seit Jahren eher schlecht als recht versucht, gegen die Regulierung der hiesigen Behörden anzukämpfen. Oder der Firma O-Bike, die mit ihren gelben Velos auf die Strassen drängt – bei Kritikern unter dem Titel «gelbe Pest» verschrien.
Wettrüsten für die Zukunft
Was Electric Feel vorantreibt, ist gewissermassen die evolutionstechnische Weiterentwicklung von Bike- zu E-Scooter-Sharing. Vom muskelkraftbetriebenen Günstigvelo zum schnittigen Roller mit Elektromotor. «Damit wollen wir Zürich ein wenig sauberer machen», sagt Meenen. Natürlich agieren die Jungunternehmer nicht uneigennützig: Der Markt für Sharing-Mobility wächst jährlich zweistellig, und gewisse Experten gehen davon aus, dass sich damit einst viel Geld verdienen lässt.
Das Zürcher Start-up will nun auf den Schweizer Markt drängen: «Wir entwickeln ein erstes Projekt ab 2018 für E-Roller in der Schweiz. In Zürich führen wir derzeit Gespräche mit potenziellen Partnern», sagt Meenen. Wenn alles rund läuft, dann werden die Zürcher im nächsten Jahr mit E-Rollern beglückt; nutzbar für jeden mit gültigem Fahrausweis.
Ähnlich wie beim E-Bike-Trend gestaltet sich das E-Scooter-Geschäft als ein Wettlauf gegen die Zeit und als grosses Wettrüsten für die Zukunft. In Europas Grossstädten drängen gleich mehrere Anbieter auf den Markt – auch in Zürich, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt. Zwei E-Scooter-Anbieter hätten ihr Interesse angemeldet: «Die Angebote werden derzeit geprüft», sagt Pio Sulzer, Sprecher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements.
Dabei handle es sich um sogenannte Freefloating-Angebote. Die Fahrzeuge sind nicht stationär gebunden, sondern können im Prinzip an einem beliebigen Ort in der Stadt abgestellt werden. Auf einer App sieht der Nutzer, wo sich der nächste E-Scooter gerade befindet. Das Geschäftsmodell nutzt den öffentlichen Raum für kommerzielle Zwecke – ohne dafür eine Gebühr zu entrichten. Ein Geschäft im Graubereich. Doch in Zürich braucht es dafür keine Bewilligung. Anders als etwa in Bern oder Luzern setzt Tiefbauvorsteher Filippo Leutenengger (FDP) auf den freien Wettbewerb. Das sorgte diesen Sommer für Hyperaktivität im Veloverleih. Zürcher Gemeinden fingen an, O-Bikes zu beschlagnahmen, weil diese den öffentlichen Raum verstopften.
Mobilitätsprognose-System
Electric Feel möchte es besser machen – dank der mit der ETH-Zürich entwickelten Software. Diese beinhaltet gemäss Meenen «ein neuartiges Moblilitätsprognose-System», das es dem Flottenbetreiber erlaube, intelligenter zu planen. Zudem biete die App ein finanzielles Anreizsystem, damit sie die Roller an sinnvollen Plätzen parkieren. So soll ein Chaos, wie es teilweise mit O-Bikes entstand, verhindert werden.
In anderen europäischen Städten ist das Start-up bereits erfolgreich. In Barcelona, Madrid, Lissabon und Rom haben die Zürcher gemeinsam mit Partner E-Cooltra «Europas grössten Rollerverleih» aufgebaut. 2000 Roller stehen zurzeit auf den Strassen. Bis Ende Jahr sollen es 3000 sein. «Wir sind zwar ein Zürcher Start-up», sagt Meenen. «Paradoxerweise sind wir aber ausserhalb der Schweiz viel erfolgreicher.»
Der Jungunternehmer glaubt, dass andere Länder dem Sharing-Mobility-Trend derzeit viel offener gegenüberstehen als die Schweiz. Letztes Jahr untersuchte die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) die Sharing-Mobility-Angebote verschiedener europäischer Grossstädte. Zürich bildete dabei das Schlusslicht.
Dabei waren die Schweizer einst Vorreiter. Die Luzerner Firma Mobility, 1997 gegründet, setzte weltweit Massstäbe im Car-Sharing-Bereich. Meenen will zu diesen Wurzeln zurück: «Der Schweizer Pioniergeist im Sharing-Mobility muss wieder geweckt werden.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch