Nach langem Werben sagt Japan endlich Ja
Bisher lehnte Tokio alle Avancen für ein besseres Handelsabkommen ab – doch jetzt kommt die Kehrtwende.

Neun Jahre lang hatte die Schweiz die Nase vorn. Als erstes und einziges Land Europas hat sie seit 2009 ein Freihandelsabkommen mit Japan. Dieses verschafft Schweizer Exporteuren einen Wettbewerbsvorteil – und dies auf einem Markt, der nach den USA und China der drittgrösste der Welt ist. Doch jetzt überholt die Europäische Union die Schweiz: Am 17. Juli hat sie mit Japan ein wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, welches ab 2019 die grösste Freihandelszone der Welt schafft. Damit können EU-Firmen bei gewissen Produkten mit Japan noch leichter Handel treiben als die Schweizer.
In Bern hat man diese Gefahr erkannt. Seit Jahren versuchen die Bundesbehörden deshalb, die japanische Regierung von einer Nachbesserung des Abkommens zu überzeugen, bissen aber auf Granit. Erstens war Japan mit dem bestehenden Abkommen ganz zufrieden. Zweitens hat Japans Handelsdiplomatie derzeit andere Prioritäten, neben dem Abkommen mit der EU vor allem die Transpazifische Partnerschaft (TPP). Selbst Bundespräsident Alain Berset, der im April 2018 auf Staatsvisite beim japanischen Premier Shinzo Abe war, kam vorerst mit leeren Händen nach Hause zurück.
Doch jetzt gibt es neue Signale. Am 10. und 11. Juli traf Pascale Baeriswyl, Staatssekretärin im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), in Tokio mit ihrem Gegenpart, dem Vizeaussenminister Kazuyuki Yamazaki zusammen. Dabei habe er «zum ersten Mal zu verstehen gegeben, dass Japan bereit ist, über eine Aufdatierung und allfällige Ausweitung des bestehenden Abkommens zu verhandeln», sagt Baeriswyl.
Abschluss bereits 2019?
Nach diesen ersten positiven Aussagen möchte die Schweiz die Nachverhandlungen jetzt rasch aufgleisen. Noch in diesem Herbst soll der Gemischte Ausschuss des Freihandelsabkommens zusammentreten, in dem das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Schweiz vertritt. In diesem Rahmen können die beiden Staaten ihre Wünsche vorbringen und die Verhandlungsmasse abstecken. Dass es am Ende tatsächlich eine Einigung geben wird, ist damit noch nicht gesagt. Der Vizeaussenminister habe aber den Wunsch geäussert, dass die Nachverhandlungen zum 10-Jahr-Jubiläum des bestehenden Abkommens, also 2019, abgeschlossen werden könnten, bestätigt Baeriswyl.
Japan ist der elftwichtigste Handelspartner der Schweiz – nur wenig hinter Österreich und noch vor wichtigen europäischen Ländern wie Spanien oder den Niederlanden. 2017 exportierte die Schweiz Güter für 7,5 Milliarden Franken nach Japan – die Importe beliefen sich auf 6 Milliarden. Seit dem Abschluss des Freihandelsabkommens haben die gehandelten Volumen zwischen den zwei Ländern um rund 30 Prozent zugenommen.
Die Zölle auf Industriegütern sind zwischen Japan und der Schweiz bereits jetzt weitgehend abgeschafft – hier wird das EU-Japan-Abkommen wenig ändern. Anders sieht es bei den verarbeiteten Agrarprodukten aus, etwa bei Käse, Joghurt, Butter, Fleisch- und Backprodukten. In diesem Bereich haben die Schweiz und Japan die Zölle 2009 nur punktuell gesenkt, während die EU auch hier einen starken Zollabbau herausgeholt hat.
Der grösste Käseimporteur
Namentlich die Schweizer Käselieferanten dürften ab 2019 «wesentlich benachteiligt» werden, erklärte die Firma Emmi, der grösste Käseexporteur der Schweiz, unlängst in der NZZ. Für Schweizer Käse hat Japan, der grösste Käseimporteur der Welt, die Zölle 2009 bloss um 50 Prozent reduziert; für EU-Käse senkt es sie nun auf null.
Auch bei den öffentlichen Aufträgen haben die EU und Japan einen besseren Deal vereinbart, wie der Handelsexperte Patrick Ziltener in einer vergleichenden Studie nachwies. So können EU-Firmen künftig auch bei Beschaffungen der grossen japanischen Städte, bei Spitälern oder Bahngesellschaften mitbieten, während Schweizer Firmen ausgeschlossen bleiben.
Trotz diesen Nachteilen für Schweizer Firmen begrüsst der Wirtschaftsverband Economiesuisse das EU-Japan-Abkommen. Angesichts der protektionistischen Politik, welche vor allem die USA verfolgen, sei es wichtig, dass Europa und Japan «ein derart starkes Zeichen für den Freihandel gesetzt haben», sagt Jan Atteslander, bei Economiesuisse zuständig für Aussenwirtschaftspolitik. Die Schweiz müsse nun aber ihre gute Position auf dem japanischen Markt verteidigen und das bestehende Freihandelsabkommen bei nächster Gelegenheit aktualisieren. Es gehe darum, sagt Atteslander, «nicht abgehängt zu werden».
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