Nationalrat will Abgabe auf Neueinzonungen
Wer eine Parzelle in Bauland umwandelt, muss künftig eine Mehrwertabgabe von 20 Prozent entrichten. Mit diesem Beschluss hofft der Nationalrat auf einen Rückzug der Landschaftsinitiative.

Überraschend hat der Nationalrat am Donnerstag im Raumplanungsgesetz einer Mehrwertabgabe auf neueingezontem Bauland zugestimmt. Noch überraschender hat er beschlossen, dass künftig überdimensionierte Bauzonen reduziert werden müssen. Er schafft damit die Voraussetzung für den Rückzug der Landschaftsinitiative.
Die Initiative «Raum für Mensch und Natur» fordert ein Ende der Zersiedelung und Zerstörung von Kulturland. Die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes soll ein indirekter Gegenvorschlag zum Volksbegehren werden. Passiert die Vorlage in dieser Form die Schlussabstimmungen, ziehen die Initianten ihr Begehren zurück, wie Otto Sieber, Zentralsekretär von Pro Natura und Mitglied des Initiativkomitees der Nachrichtenagentur sda sagte.
Möglich wird dies mit zwei weitgehenden Bestimmungen: Einerseits steht im Gesetz neu explizit, dass überdimensionierte Bauzonen reduziert werden müssen. Kantone dürfen künftig nur noch Bauzonenreserven für 15 Jahre haben. Der Bundesrat hätte eine implizite Formulierung derselben Pflicht bevorzugt.
Geldsegen teilen
Andererseits hat der Nationalrat - wie zuvor der Ständerat - einer Mehrwertabgabe zugestimmt: Wenn eine Parzelle bei einer Neueinzonung in Bauland an Wert gewinnt, wird neu eine Abgabe von mindestens 20 Prozent fällig. Dies jedoch erst, wenn das Land tatsächlich dauerhaft überbaut oder verkauft wird.
Mit dieser Abgabe hat die grosse Kammer ein Mittel geschaffen, um die Redimensionierung von Bauzonen zu entschädigen. Diese «eierlegende Wollmilchsau» habe der Raumplanung bisher gefehlt, sagte Beat Flach (GLP/AG).
Das neue Instrument erlaube es, dass mit Bauland haushälterisch umgegangen werde, sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Zudem sei es «nichts als gerecht, wenn ein Grundeigentümer, der ohne sein Zutun mit einem Planungsentscheid des Gemeinwesens über Nacht zum Millionär wird, zumindest einen Teil dieses Mehrwertes der Allgemeinheit zurückgibt». Mit diesem Geld könnten Planungsverlierer entschädigt werden.
«Keine Planwirtschaft»
Die Opposition gegen diese «Zwangsabgabe» war auf der rechten Seite des Rates gross. Die Schweiz brauche keinen Sozialismus und keine Planwirtschaft, erklärte Christian Wasserfallen (FDP/BE) und prophezeite ein Milliardendebakel. Die Abgabe werde niemals funktionieren und vor allem Juristenfutter liefern. Der Nationalrat hatte die Mehrwertabgabe bei seiner Erstberatung im Herbst 2011 deutlich abgelehnt. In seiner neuen Zusammensetzung hat er dieser nun mit 117 zu 71 Stimmen deutlich befürwortet. Vor allem die CVP stimmte am Donnerstag viel geeinter als im vergangenen Herbst. Die Zustimmung aller kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren zu diesem Punkt, vereinfachte wohl die Entscheidfindung.
Mit Hilfe der SP ergänzte die SVP den Artikel mit einer Einschränkung: Die Abgabe soll verringert werden, wenn auf selbstgenutztem Land, das ein- oder umgezont wird, landwirtschaftliche, gewerbliche oder industrielle Ersatzliegenschaften gebaut werden.
Zersiedelung stoppen
Dass die grosse Kammer mit 95 zu 83 Stimmen und gegen den Willen des Bundesrates auch der Reduktion von überdimensionierten Bauzonen zustimmte, kam überraschend. Mit Boden müsse haushälterischer als bisher umgegangen werden, sagte Beat Jans (SP/BS). Wo üppig Bauzonen ausgeschieden würden, wo es zu grosse Bauzonen habe, werde sehr verschwenderisch mit dem Boden umgegangen. «Dort entstehen Baulücken, dort wird zersiedelt. Dort geht sehr viel Fruchtfolgefläche verloren.»
Es gehe darum, dass nur so viel Bauland eingezont werde, «wie wir für die nächsten 15 Jahre tatsächlich brauchen», sagte Flach. Ist mehr eingezont, so muss rückgezont werden. Flach erinnerte daran, dass diese Regelung schon alt aber nicht immer eingehalten worden sei. Es gehe nun darum, dass Gesetze eingehalten würden. Die Rechte hingegen wollte keine «gesamtschweizerische Zwangslösung». Die Reduktion überdimensionierter Bauzonen sei eine «Überreaktion», sagte Daniel Fässler (CVP/AI). Es solle weiterhin den Kantonen überlassen bleiben, Gegensteuer zu geben.
Mit der Zustimmung zur Version des Ständerates, wonach neue Siedlungen schwergewichtig geplant werden sollen, die auch mit dem öffentlichen Verkehr angemessen erschlossen sind, hat die grosse Kammer gegen den Willen der Bürgerlichen noch eine weitere Differenz aus dem Weg geschaffen. Dennoch bleiben mehrere kleinere Differenzen zum Ständerat, weshalb die Gesetzesvorlage in eine dritte Runde geht.
SDA/jak
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