Nestlé darf EPFL-Professoren mitbestimmen
Ein Veto-Recht und Einsitz in der Berufungskommission: Nestlé sponsert der EPFL zwei Lehrstühle – und erhält im Gegenzug ungewöhnlich viel Einfluss.

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé kann bei der Besetzung der zwei von ihm gesponserten Lehrstühlen an der ETH Lausanne (EPFL) mitentscheiden. Das zeigt der Sponsoringvertrag, den die «WOZ» veröffentlichte. Die EPFL räumt Nestlé demnach ungewöhnlich viele Rechte ein – mehr als die Uni Zürich der UBS oder die HSG dem ehemaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, die ebenfalls Lehrstühle finanzieren.
Die Nestlé-Tochterfirma Nestec erhält Einsitz in die Berufungskommissionen für diese zwei «Nestlé-Lehrstühle». Zudem bekommt sie ein Veto-Recht: Jede Ernennung für beiden Lehrstühle muss von Nestec abgesegnet werden. So steht es im Vertrag, der auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Den Sponsoringvertrag haben die EPFL und Nestlé bereits 2006 abgeschlossen. Damals hatten sie gegenüber der «WOZ» verneint, dass der Konzern Mitspracherecht bei der Besetzung des Lehrstuhls bekommen würde.
EPFL sieht kein Problem
Damit räumt die EPFL Nestlé weitergehende Rechte ein als bisher bekannt. Dass Nestlé bei der Ernennung der Professoren mitreden darf, hält die EPFL jedoch für unproblematisch, wie Mediensprecher Jérôme Grosse sagte. Die Unabhängigkeit der Forschung sei nicht tangiert.
«Wir würden unsere Politik ändern, wenn die Unabhängigkeit gefährdet wäre», sagte Grosse auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Beim Vertrag handle es sich um einen «Standard-Vertrag», wie ihn auch andere Universitäten in der Schweiz und Europa verwendeten.
Es sei im Interesse der Hochschule, keinen Professor einzustellen, der den Interessen des Sponsorings diametral entgegenstehe – schliesslich trage der Lehrstuhl auch den Namen des Sponsors. Grosse sprach von einer «Win-Win-Situation».
Ende letzten Jahres hatte bereits die Uni Zürich ihren Sponsoringvertrag mit der UBS offenlegen müssen. Die UBS erhielt für ihre 100 Millionen Franken, mit denen sie an der Uni Zürich fünf Lehrstühle stiftete, keine inhaltlichen Mitspracherechte. Auch Josef Ackermann, ehemaliger Chef der Deutschen Bank, finanziert privat einen HSG-Lehrstuhl. Laut der HSG hat Josef Ackermann keinen Einsitz in der unabhängigen Berufungskommission und er hat kein Mitspracherecht im Wahlverfahren. Der neu gewählte Professor wird eine unabhängige Stelle haben.
Offenlegung erstritten
Das Hochschulsponsoring wird nächste Woche auch Thema in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) sein.
«Wir haben die ETH und die Universitäten eingeladen», sagte SP-Nationalrat Matthias Aebischer, der die WBK präsidiert, in der Sendung «Rendezvous» von Radio SRF. «Sie müssen uns sagen, wie sie das handhaben, denn alle machen es ein bisschen anders. Und wir möchten, dass gewisse Standards eingehalten werden.»
Nestlé und die EPFL Lausanne hatten den Vertrag 2006 unterzeichnet. Damals hatte es geheissen, ein Komitee werde in Zusammenarbeit mit Nestlé die Forschungsthemen erarbeiten, die Professoren erhielten aber die volle akademische Freiheit. Pro Lehrstuhl zahlte Nestlé fünf Millionen Franken.
Der Vertrag wurde nun von der «WOZ» veröffentlicht, welche gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einsicht verlangt hatte. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte hatte vor wenigen Wochen entschieden, dass sowohl die EPFL und die ETH Zürich ihre Sponsoring-Verträge offenlegen müssen.
SDA/fko
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