Neue Regierung soll Tunesien aus der Krise führen
Die Gespräche zur Bildung einer Regierung aus Technokraten sind zwar vorderhand gescheitert. Der Chef der Ennahda-Partei kündigt allerdings an, dass ein Kabinett alle Vorbereitungen für Neuwahlen treffen soll.

In Tunesien soll eine neue Regierung aus Experten und Politikern die schwere politische Krise bewältigen. Der Chef der islamistischen Ennahda-Partei, Rachid Ghannouchi, erklärte am Montagabend in Tunis, die wichtigsten Parteien hätten sich auf ein neues Kabinett geeinigt, das so schnell wie möglich Neuwahlen vorbereiten soll. Zuvor hatte Premierminister Hamadi Jebali seinen ursprünglichen Plan für gescheitert erklärt, eine Regierung nur aus Experten zu bilden.
In Tunesien waren Unruhen ausgebrochen, nachdem der linke Oppositionspolitiker Chokri Belaid am 6. Februar ermordet worden war. Tagelang hatte es Proteste gegen die Regierung gegeben. Jebali wollte mit der geplanten Experten-Regierung Neuwahlen vorbereiten. Doch die Ennahda-Partei, der er selbst angehört, lehnte dies ab. Am Montag hatte sich der Premierminister mit den wichtigsten Parteien beraten, auch mit denen der Opposition.
Danach betonte Parteichef Ghannouchi: «Wir in der Ennahda unterstützen nach wie vor die Führung von Hamadi Jebali an der Spitze der Regierung. Und dies gilt für alle Parteien bei dem Treffen.» Jebali selbst sagte, die von ihm geplante Expertenregierung habe nicht die nötige Unterstützung gefunden. Er werde am (morgigen) Dienstag mit Präsident Moncef Marzouki die nächsten Schritte besprechen.
Ennahda: «Serie von Verschwörungen»
Die oberste Führung von Jebalis Ennahda-Partei, die Schura, hatte vor den Gesprächen bekräftigt, dass sie die Bildung einer Expertenregierung ablehnt. «Der Vorschlag einer Regierung aus Technokraten eignet sich nicht für die notwendigen nächsten Schritte», hiess es in einer in Tunis veröffentlichten Erklärung.
Gebraucht werde eine Koalition, die den Übergang zur Demokratie umsetzen könne. Die Ennahda besetzt in der Regierung mehrere Schlüsselressorts und will daran nichts ändern. Auch Parteichef Ghannouchi bekräftigte zuletzt, an der Macht festhalten zu wollen.
Ghannouchi sagte zu den Problemen des Landes, die Ennahda-Partei sei seit Beginn der Regierungsverantwortung Opfer einer «Serie von Verschwörungen» gewesen. Die nun geplante Expertenregierung komme ausserdem einem «Staatsstreich» gleich, um die gewählte Regierung zu stürzen. «Ennahda ist das Rückgrat Tunesiens und es zu brechen, würde die nationale Einheit des Landes gefährden», sagte Ghannouchi vor der Menge in der Hauptstadt Tunis.
Politische Unsicherheit nimmt zu
Die tunesischen Medien betonten einen Tag vor den Gesprächen zur Expertenregierung die anhaltende politische Unsicherheit im Land. Es sei zu befürchten, dass die Pläne bei den Gesprächen am Montag «begraben» würden, was das Land in eine neue Krise stürzen könnte, schrieb etwa die Zeitung «Le Temps». Andere Zeitungen betonten die Bedeutung eines nationalen politischen Konsenses.
Die Tunesier hatten im Januar 2011 ihren langjährigen Machthaber gestürzt und den Arabischen Frühling ausgelöst. Die anschliessenden Wahlen gewann die Ennahda, eine gemässigt islamistische Partei. Doch liegt die Wirtschaft brach. Radikale Islamisten haben an Bedeutung gewonnen, und Parteienstreit hat die Verabschiedung einer neuen Verfassung die Vorbereitung von Wahlen behindert.
sda/AFP/fko
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