«Nicht einmal einer SP würdig»
Früher Auftritt: Die Gegner der 1:12-Initiative haben den Abstimmungskampf eröffnet. Sie warnen vor einem «Bumerang» für Wenigverdienende.

Noch vor dem Urnengang vom 22. September hat der Abstimmungskampf zum 24. November begonnen. An diesem Tag werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die 1:12-Initiative entscheiden. Ein Nein-Komitee warnt nun vor den Folgen einer Annahme.
Mit der 1:12-Initiative verlangen die Juso, dass in einem Unternehmen der höchste Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht überschreiten darf. Die Chefs sollen also in einem Monat nicht mehr verdienen als die Mitarbeitenden in einem Jahr.
Informationsoffensive angekündigt
Für die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände, die nach dem Ja zur Abzocker-Initiative alarmiert sind, steht viel auf dem Spiel: Dass das Komitee so früh vor die Medien trete, hänge mit der grossen Bedeutung der Abstimmung für die Schweiz zusammen, sagte der Freiburger SVP-Nationalrat Jean-François Rime vor den Medien in Bern.
Der von Rime präsidierte Gewerbeverband hat die Federführung im Abstimmungskampf übernommen. Zum Kampagnenbudget wollte Rime keine Angaben machen. Es werde viel bescheidener sein als bei der Abzocker-Initiative, sagte er lediglich. Die Abstimmung sei ohnehin nicht mit Plakaten zu gewinnen, sondern mit Engagement: «Heute starten wir unsere Informationsoffensive.»
Die St. Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter sieht in der 1:12-Initiative einen «Frontalangriff» auf wichtige Säulen des Erfolgsmodells Schweiz: den liberalen Arbeitsmarkt und die Sozialpartnerschaft. Bei einem Ja würde künftig nicht mehr der Eigentümer im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer den Lohn bestimmen, sondern der Staat – ein unnötiger und schädlicher Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.
Bevormundung der Wirtschaft
Lohnexzesse gebe es, räumte Keller-Sutter ein. Die Löhne einzelner Spitzenverdiener könnten nicht erklärt werden. Doch es gehe nicht an, deshalb die ganze Wirtschaft zu bevormunden.
Die Initiative sei auch nicht im Interesse jener, die wenig verdienten. Für Tieflohnbezüger könnte ein Ja zum Bumerang werden. Die Initiative sei nämlich leicht zu umgehen: Unternehmen könnten wegen des «Lohndiktats» Tieflohn-Stellen auslagern oder wegrationalisieren.
Löcher in den Kassen
Leiden würde aus Sicht der Gegnerinnen und Gegner auch der Mittelstand. Die «Jungmannschaft der Juso» habe vergessen, dass das Steuersystem progressiv aufgebaut sei und dass die Sozialversicherungen wie eine riesige Umverteilungsmaschine wirkten, sagte die Thurgauer CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller.
Heute finanzierten die besser Verdienenden zu einem beachtlichen Teil Steuern und Sozialstaat. «Werden die Löhne gekappt, entstehen automatisch Ausfälle in Milliardenhöhe, die in erster Linie der Mittelstand zu stopfen hat», warnte Häberli-Koller. Ganz nach dem Grundsatz des ehemaligen SP-Bundesrates Hans-Peter Tschudi müsse man daher festhalten: «Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen.»
Kritik an Berset
Was ein Ja zur Initiative für die Sozialwerke genau bedeuten würde, möchte Rime vom Bundesrat wissen. Der «sozialistische Sozialminister» Alain Berset habe auf seine Interpellation aber noch nicht geantwortet, kritisierte Rime. Er wirft Berset in diesem Zusammenhang «Arbeitsverweigerung» vor.
Die Gegnerinnen und Gegner warnen aber nicht nur vor Löchern bei den Sozialwerken, sondern auch vor grossem Aufwand für die Unternehmen. Der Berner BDP-Nationalrat Hans Grunder sprach von einem «Überwachungsstaat». Die Initiative sei «nicht einmal einer SP würdig», sie erinnere an kommunistische Dogmen.
Ganz Europa neidisch
Ein Blick ins Ausland genüge, um die negativen Folgen von übertriebenen staatlichen Eingriffen in Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu sehen, sagte der Luzerner GLP-Nationalrat Roland Fischer. Ganz Europa beneide die Schweiz um die rekordtiefe Arbeitslosigkeit, die guten Löhne und die erfolgreichen Unternehmen. Ein Ja zur 1:12-Initiative wäre ein Eigengoal.
Die Gegnerinnen und Gegner stellen sich auf einen langen Kampf ein: Die 1:12-Initiative sei der Auftakt zu einer Kaskade linkspopulistischer Vorlagen, sagte Rime mit Blick auf die Mindestlohn- und die Erbschaftssteuerinitiative.
SDA/mw
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch