«Nichts sagen ist selten eine gute Strategie»
Der FCZ hat sich mit seinem Statement zu den Gewaltvideos seiner Fans mehr als 24 Stunden Zeit gelassen. Das sei keine gute Strategie, sagt der Kommunikationsforscher.

Die Videoaufnahmen brutaler Prügelattacken zwischen Fussballfans bewegen die Öffentlichkeit, seit sie am Donnerstagmorgen publik gemacht wurden. Der Vorfall ereignete sich allerdings schon sehr viel früher: Im Vorfeld des Derbys vom 28. Februar 2018.
Der FC Zürich hüllte sich bisher beharrlich in Schweigen, obwohl gerade die Fans aus den Reihen des FCZs die Schlägerei angezettelt haben sollen. Telefon- und Mailanfragen an die Medienstelle des Fussballclubs blieben unbeantwortet. Die Fansozialarbeit durfte keine Auskunft geben, verwies an die Geschäftsstelle und diese wiederum an die Medienstelle. Doch auch der Presseverantwortliche war für niemanden erreichbar.
Den Ruf wahren
Erst heute Freitagnachmittag publizierte der Fussballclub auf seiner Webseite eine kurze Stellungnahme. Man verurteile jede Art von Gewalt rund um den Fussball vehement und möchte echte Fussballfans in den eigenen Reihen haben und keine Gewalttäter, heisst es da. «Wir begrüssen die Massnahmen, die der Aufklärung von Gewaltakten dienen und arbeiten diesbezüglich mit der Polizei und den Behörden zusammen.» Gleichzeitig übt der FCZ Kritik am Vorgehen: «Wir bedauern, dass selbst bei solchen Gewaltexzessen keine unverpixelten Videos veröffentlicht werden. Mit unverschlüsselten Bildern wäre die Einzeltäterverfolgung zielführender.»
Dass sich der Club für eine solche Stellungnahmen mehr als 24 Stunden Zeit nimmt, ist nicht nur befremdlich, es kann auch rufschädigend sein. «Nichts sagen ist keine gute Kommunikationsstrategie», sagt Daniel Vogler, Forschungsleiter beim Institut für Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich. Es sei eine der Kernaufgabe jeder Medienstelle, den Ruf des Unternehmens gegen aussen zu wahren oder einen entstandenen Reputationsschaden zu korrigieren. «Tut sie es nicht, wird der Schaden grösser. Das verstärkt gegen aussen den Eindruck, dass bei der Organisation etwas im Argen liegt», sagt der Experte für Krisenkommunikation.
Im Krisenfall ist das Wichtigste für eine Organisation aus Sicht von Vogler, schnell und transparent zu kommunizieren. Falls man im ersten Moment noch keine konsistente Strategie habe, könne man zwar auf Zeit spielen. «Aber damit ist es nicht getan. Danach muss innert nützlicher Frist ein Statement folgen.»
Nachholbedarf in Krisenkommunikation
Das Mass an Transparenz gegen aussen hängt stark von der Stellung der Organisation in der Öffentlichkeit ab. Der FCZ leistet keinen Service public wie etwa die Post, aber der Club ist in der Öffentlichkeit exponiert. Er sucht sie, steht gerne im medialen Rampenlicht – wenn es um sportliche Belange geht. Vogler sagt: «Obwohl es in diesem Fall nicht um Sportliches geht, muss der Club Stellung beziehen.»
«Obwohl es in diesem Fall nicht um Sportliches geht, muss der Club Stellung beziehen.»
Aus Sicht des Forschers hätten jedoch viele Sportclubs einen Nachholbedarf in Krisenkommunikation, weil dies oft nicht zum Kerngeschäft des Medienverantwortlichen gehöre. Er vermittle in erster Linie zwischen Spielern, dem Club und den Medien in sportlichen Belangen. Empirische Studien gibt es zur Krisenkommunikation von Sportclubs indes nicht.
Keine permanente Verantwortung
Nicht zum ersten Mal bezieht der FCZ keine Stellung, wenn es um die Gewaltaktexzesse unter Fans geht.
- November 2017: FCZ-Fans verprügeln GC-Fans beim Fussballspielen in einer Turnhalle. Der FCZ nimmt keine Stellung.
- Oktober 2017: Der Zürcher Sicherheitsvorsteher Richard Wolff (AL) informierte nach dem Derby über die Polizeistrategie gegenüber Fans. Der FCZ war genauso nicht anwesend wie GC.
- Dezember 2010: Bei einem Saubannerzug richten FCZ-Fans Schäden von mehreren Zehntausend Franken an. Der Club nimmt keine Stellung.
FCZ-Präsident Ancillo Canepa indes verteidigt die Bemühungen des Clubs, die Fangewalt einzudämmen. Gegenüber dem «Blick» sagt er Ende 2017, der Club arbeite aktiv mit der Regierung, Polizei und den SBB zusammen, um gemeinsame Lösungen zu finden und gewaltbereite Einzelpersonen dingfest zu machen. Ausserdem gebe es eine klare Gewaltenteilung zwischen Club, Polizei und Justiz. Es sei aber absurd und weltfremd, zu meinen, der Verein müsse rund um die Uhr die Verantwortung für alles übernehmen.
Grasshoppers distanzieren sich
Ganz anders verhalten sich die Grasshoppers. Die Clubführung liess bereits am Donnerstagnachmittag schriftlich verlauten, dass sie jede Art von Gewalt rund um den Fussball verurteilt. Der Club stehe für Deeskalation durch den steten Dialog via seinen Fanbeauftragten. Sie begrüsst auch Massnahmen, welche die Aufklärung von Gewaltakten unterstützen.
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