Nun ist auch die Raiffeisen «too big to fail»
Die Bankengruppe Raiffeisen hat im ersten Halbjahr weniger Gewinn erzielt. Wird aber von der Nationalbank neu eingestuft.

Das Geflecht der über 300 Raiffeisen-Banken ist systemrelevant für das Schweizer Finanzsystem. Zu diesem Schluss kommt die Schweizerische Nationalbank (SNB). Weil die Raiffeisen-Gruppe nun offiziell als «too big to fail» gilt, muss sie jetzt ein Notfallkonzept ausarbeiten und höhere Eigenkapitalanforderungen erfüllen.
Die Raiffeisen-Gruppe ist nach der UBS, der Credit Suisse und der Zürcher Kantonalbank das vierte Finanzinstitut, dem von der SNB Systemrelevanz zugeschrieben wird. Gemäss Bankengesetz wird einer Bank diese Eigenschaft zugeschrieben, wenn ihr Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das Finanzsystem erheblich schädigen würde.
Welche zusätzlichen Anforderungen Raiffeisen nun erfüllen muss, ist noch nicht klar. Die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) legt für jede systemrelevante Organisation die Kriterien individuell fest. Im Bankengesetz ist aber festgehalten, dass systemrelevante Banken über mehr Eigenmittel als nicht systemrelevante Institute verfügen müssen.
Dadurch sollen die für einen Finanzmarkt wichtigen Banken höhere Verluste selbst auffangen können. Weitergehende Anforderungen müssen Too-big-to-fail-Banken auch punkto Liquidität und Risikomanagement erfüllen. Zudem müssen sie ein Notfallkonzept haben, welches die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen bei drohender Insolvenz gewährleistet.
Keine Strategieanpassung nötig
Bei Raiffeisen zweifelt man nicht daran, die höheren Anforderungen stemmen zu können. Wie Bankchef Pierin Vincenz an einer Telefonkonferenz ausführte, kam der Entscheid der SNB alles andere als überraschend.
Was er genau bedeute, sei gegenwärtig noch schwierig abzuschätzen. Die Gespräche mit der Finma liefen erst an. An der grundsätzlichen Strategie von Raiffeisen wird der Too-big-to-fail-Status gemäss Vincenz aber nichts ändern.
Zusätzliches Kapital zur Erfüllung für höherer Kapitalanforderungen könne Raiffeisen einerseits selbst erwirtschaften, anderseits auch am Kapitalmarkt beschaffen. Vincenz erinnerte zudem daran, dass Raiffeisen bereits heute aufgrund der Grösse höhere Kapitalanforderungen erfüllen müsse als etwa Regionalbanken.
Weil Raiffeisen kein integrierter Konzern, sondern organisatorisch ein transparentes Netz von selbständigen Banken ist, sieht Vincenz sich gegenüber den Grossbanken oder der ZKB bei der Erarbeitung eines Notfallplans im Vorteil. Raiffeisen sei bereits ein Schweizer Konstrukt, man müsse nicht zuerst ein solches bauen, sagte er.
Raiffeisen doch stärker gefordert?
Eine andere Meinung dazu hat beispielsweise Wirtschaftsjurist Peter Kunz. In einem Zeitungsinterview sagte er vergangenen Herbst, dass die Raiffeisen Genossenschaft mit den höheren regulatorischen Anforderungen «ungleich stärker herausgefordert» würde als andere Geldhäuser. Insbesondere glaubt er, dass die Struktur von Raiffeisen und die gegenseitige Beistandspflicht der einzelnen Banken eine Aufteilung der Bank fast unmöglich machten.
In welchem Zeitraum die Finma die für Raiffeisen neuen Vorgaben definiert und wie schnell diese umgesetzt werden müssen, steht noch nicht fest. Raiffeisen selbst sieht mit der Erklärung der Systemrelevanz aber ihre starke Marktstellung im inländischen Einlagen- und Kreditgeschäft unterstrichen.
Diese hat die Gruppe auch in der ersten Jahreshälfte bewiesen. In dieser Zeit hat sie das Volumen der Hypothekarkredite um 2,4 Prozent auf 147,2 Milliarden Fr. gesteigert. Vincenz wies an der Telefonkonferenz aber nicht nur darauf hin, dass das Wachstum damit etwas moderater als noch im Vorjahr ausgefallen sei, sondern auch auf das tiefe Risiko, dem Raiffeisen mit den Krediten ausgesetzt sei.
So seien die Wertberichtigungen für Ausfallrisiken respektive die tatsächlichen Kreditausfälle weiterhin rückläufig. «So tiefe Werte haben wir in den letzten 20 Jahren nicht gesehen», sagte Vincenz.
Seine Aussagen stehen allerdings im Gegensatz zur Einschätzung der SNB. Diese nannte in ihrem im Juni veröffentlichten Bericht zur Finanzmarktstabilität sogar explizit das Zinsänderungsrisiko, dem die Raiffeisen Gruppe ausgesetzt sei. Diese gab im Juni allerdings zu Protokoll, die Risiken inzwischen reduziert zu haben.
Bessere Zahlen dank Hypothekarwachstum
Heute wies Raiffeisen zudem darauf hin, das zusätzlich nötige Eigenkapital für den vom Bundesrat auf Ende Juni erhöhten antizyklischen Kapitalpuffer bereits zu besitzen. Dennoch war es schliesslich das ausgeweitete Hypothekarvolumen, welches trotz des tiefen Tiefzinsniveaus ein besseres Halbjahresergebnis ermöglichte.
So konnte Raiffeisen den Erfolg aus dem Zinsengeschäft um 1,3 Prozent steigern. Im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft, das als Ertragsquelle aber nur gerade rund einen Fünftel so gross wie das Zinsengeschäft ist, nahm Raiffeisen 5,6 Prozent mehr ein.
Alles in allem stieg der Betriebsertrag um 1,3 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Franken. Weil auch der Personalaufwand gestiegen ist, fällt der Bruttogewinn mit 533,3 Millionen Fr. 0,2 Prozent unter dem Vorjahreswert aus. Unter dem Strich verdiente die Raiffeisen Gruppe in der ersten Jahreshälfte 363,4 Millionen Franken. Aufgrund von höheren Steueraufwendungen liegt der Gewinn 1,5 Prozent unter jenem des Vorjahres.
SDA
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