«Nur Frauen arbeiten gratis»
Maria José Rensch (CVP) liebt das Vereinsleben und engagiert sich für Familien und Kinder. Die Effretikerin will den Wert der Freiwilligenarbeit stärken.

Maria José Rensch hat einen leiblichen Sohn und Hunderte Kinder mehr. Sie ist gebürtige Peruanerin und liebt das Vereinsleben, von dem manche sagen, es sei der Kitt in unserem Land.

Mit 18 Jahren kam Rensch der Liebe wegen in die Schweiz und blieb, als die Beziehung endete, aus Liebe zum Widerstand: Sie arbeitete bei der Unia in Zürich, bald wollten die Maler und Gipser für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag und die Möglichkeit zur Frühpensionierung streiken. Maler Giuseppe etwa, erinnert sich Rensch, war erst fünfzig und bewegte sich wie ein Siebzigjähriger. Vor Schmerzen konnte er kaum mehr gehen, den Farbkübel nicht mehr tragen. Rensch wurde «mit Leib und Seele» Gewerkschafterin. Als ihr Sohn vor drei Jahren eingeschult wurde, kündigte sie. Sie wollte hundertprozentig bei der Arbeit sein und hundertprozentig beim Sohn – es ging nicht beides.
Samstags wird aufgeräumt
Heute ist die 43-jährige Rensch Präsidentin des Vereins Robinsonspielplatz Effretikon. Sie ist im Vorstand des Familienvereins Effretikon und im Vorstand der Ludothek Illnau-Effretikon. Sie hat eine Spielgruppe gegründet, hütet Kinder von ausländischen Müttern, damit diese Deutschkurse besuchen können, betreut einmal in der Woche den Mittagstisch, ist für den Eltern-Kind-Treff zuständig und engagiert sich in der Nachmittagsbetreuung im Hort der Effretiker Schule. Immer mittwochs ist sie auf dem Robinsonspielplatz anzutreffen, einem grossen, umzäunten Stück Land mit vielen hölzernen Hexenhäuschen, in denen die Kinder basteln, werken, malen – es sind rund zwanzig pro Nachmittag. Samstags räumt Rensch auf dem Areal auf und bereitet es für den nächsten Mittwoch vor.
Hundert Familien sind aktuell Mitglied und schicken ihre Kleinen für hundert Franken pro Jahr in dieses Freizeitangebot. Immer dabei: Renschs Sohn. «Aber nein, ich arbeite nichts», sagt sie und meint: nicht im herkömmlichen Sinn. Weil sie all das ehrenamtlich, zum Wohl der Gesellschaft, gratis tut.
Um einem Missverständnis vorzubeugen: Rensch ist nicht empört darüber. Sie ist keine linke Politikerin, für die man sie wegen ihrer gewerkschaftlichen Vergangenheit halten könnte, sondern CVP-Kandidatin für den Kantonsrat. Rensch findet bloss, dass all die Frauen – denn hauptsächlich seien es Frauen, die sich freiwillig engagieren – mehr Wertschätzung verdient hätten: «Es kommt nur den Frauen in den Sinn, gratis zu arbeiten.»
2018 trat Rensch, sie lebte mit ihrer Familie seit vier Jahren in Effretikon, der örtlichen CVP bei, weil sie sah, dass sich die Partei um Gemeinderat Matthias Müller für die lokalen Vereine einsetzte. Damals wollte die Stadt diverse Angebote im Pavillon Watt aufgeben, auch solche des Familienvereins, weil sie finanziell nicht mehr tragbar waren. Schliesslich wurde der Pavillon saniert und der Familienverein konnte bleiben.
Wichtig für Frühförderung
«Es braucht die Freiwilligenarbeit», sagt Rensch. Dort lerne man, gemeinsam zu arbeiten und nicht gegeneinander. Wie ihr Sohn, der verstehe, dass das samstägliche Aufräumen auf dem Spielplatz ihm und allen anderen Kindern zugutekomme.
Genauso brauche es aber auch die Anerkennung dafür, dass Frauen ihre Fähigkeiten als Buchhalterinnen, Aktuarinnen und Organisatorinnen in diese Engagements entweder schon einbringen oder dadurch entwickeln. «Die Stadt sollte ihnen ein offizielles Arbeitszeugnis ausstellen», sagt Rensch. Wenn Mütter ins Berufsleben zurückkehren, könnten sie dieses Zeugnis vorweisen und zeigen, dass sie während der beruflichen Auszeit sehr wohl etwas gemacht hätten. Oder, wie Rensch von sich sagt: zeigen, dass sie dankbar für die Möglichkeit sind, beim Kind zu bleiben, und der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen.
Gerade für die Frühförderung der Kinder, die heutzutage schon mit vier Jahren eingeschult werden, seien solche Gemeinschaften wie auf dem Robinsonspielplatz, in der Spielgruppe oder in anderen Treffs wichtig. «Ich möchte jeder Familie ermöglichen, dass sie ihre Kinder auf die Schule vorbereiten kann», sagt Rensch. Und die Gemeinde spare sich dadurch die Kosten, die anfallen, wenn ein Kind wegen schulischer Überforderung Unterstützung brauche.
Rensch weiss, dass die Freiwilligenarbeit meistens von denselben Leuten kommt. Sie sieht es ja auch auf dem Robinsonspielplatz: immer die gleichen Eltern, die einen Zvieri spendieren oder an die Sitzungen kommen. «Ich finde nicht, dass sich alle beteiligen müssen», sagt sie. Aber dass jede und jeder ein bisschen mehr für die Gemeinschaft tun könnte, das schon.
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