Nur Superlative werden ihr gerecht
Alina Müller ist die beste Schweizer Eishockeyanerin, die es je gab. Und sie kann eine der weltweit besten werden.

Peter Forsberg sitzt im TV-Studio über der Eisfläche. Der Schwede, der die Rückennummer 21 legendär machte, gilt als einer der weltbesten Center im Eishockey. Als Experte beurteilt er das historische Premierenspiel zwischen der Auswahl beider Korea und der Schweiz vor allem von der sportlichen Seite. Und da sieht er eine Spielerin, die das Potenzial hat, bei den Frauen das zu werden, was er bei den Männern einst war. Alina Müller, die am 12. März erst 20-jährig wird, erzielt innerhalb von elf Spielminuten vier Tore. Die ersten vier beim 8:0-Sieg der Schweizerinnen.
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Die Frau ist längst über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff. Die New Jersey Devils twittern: «Alina Müller erzielte vier Tore für die Schweiz.» Worauf Devils-Verteidiger Mirco Müller, Alinas Bruder, trocken ergänzt: «Das sind vier mehr als ich in der ganzen Saison.»
Der Vater der Winterthurer Geschwister war ein ganz passabler Fussballer, die Mutter eher dem Handball zugetan – Mirco und Alina begannen ihre Karrieren zwar mit dem Ball, doch sie setzten mit Erfolg aufs Eishockey. Verteidiger Mirco ist der Solide, Stürmerin Alina indes werden nur Superlative gerecht. 2014 in Sotschi war sie die jüngste Spielerin des Turniers und jüngstes Mitglied der Schweizer Olympiadelegation. Sie schoss ihr einziges Tor im Spiel um Bronze gegen Schweden – es war das entscheidende.
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Wenige Wochen nach Sotschi führte sie die U-18 in die höchste Division zurück – als beste Skorerin und als beste Stürmerin der WM. 2013 war sie bei der U-18-WM als beste Angreiferin ausgezeichnet worden. In vier WM-Turnieren dieser Stufe kam sie in 20 Partien auf 33 Skorerpunkte.
Im olympischen Rekordbuch
Mit ihrer Leistung im Startspiel von Pyeongchang steht sie auch schon im olympischen Rekordbuch: Vier Tore in einem Match haben vor ihr nur zwei Spielerinnen erzielt, mehr noch keine. Mehr als sechs Punkte in einem Spiel sind auch noch keiner Frau gelungen. Sie hätte gegen Korea alleinige Rekordhalterin werden können, aber nicht jede Chance wurde ein Tor. Was sie nicht gross kümmert.
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Selbstverständlich setzte Alina Müller auch in der Schweiz Marken. Am 28. Januar dieses Jahres erzielte sie im Cupfinal gegen Bomo für die ZSC Lions in der Verlängerung den Siegtreffer. In der Frauen-Meisterschaft steht sie nach 17 Spielen bei 57 Punkten – 33 Tore und 24 Assists. Damit ist sie mit Abstand beste Skorerin der Liga.
Bis vor einem Jahr spielte sie vorwiegend im männlichen Nachwuchs. Nicht in der vierten Linie, sondern in einer tragenden Rolle. In ihrer letzten Saison bei den Elite-Novizen des EHC Kloten, im Winter 2016/17, trug sie das «A» des Assistenz-Captains auf dem Dress. In der internen Skorerliste belegte sie Rang 3, obwohl sie nicht alle Partien absolvierte.
Niederlagen nie akzeptieren
An ihrem Geburtstag im März 2017 überraschten sie die Jungs in Kloten mit einem Ständchen mitten im Eistraining. Sie hat sich als Frau in einer Männerliga nicht nur behauptet, sondern durchgesetzt. Wegen einer höchst wichtigen Eigenschaft im Sport. «Sie ist extrem ehrgeizig», sagt Sara Benz, in Pyeongchang Linienkollegin von Alina Müller. Das beste Beispiel auf grosser Bühne stammt von 2014. In Sotschi endete der Startmatch der Schweizer Aussenseiterinnen gegen den grossen Favoriten Kanada 0:5. Fast alle waren zufrieden, denn früher hatte es schon ganz andere Niederlagen abgesetzt gegen dieses Team. Alina Müller aber musste die Tränen der Enttäuschung zurückhalten. Anständig verlieren gibt es für sie nicht. Sie will gewinnen – auch gegen Übermächtige. Vor allem deshalb prophezeit die dreifache Olympiateilnehmerin Sara Benz ihr eine «Riesen-Zukunft».
Der nächste Schritt ist bereits vorgezeichnet. Sie hat – wen wundert es – die Scouts der diversen College-Teams aus Nordamerika beeindruckt. Sie entschied sich nach einer Rekognoszierung vor Ort für die Northeastern University in Boston, wo mit Florence Schelling und Julia Marty schon zwei Schweizerinnen spielten und studierten. Alina Müller erhält ein Stipendium und kann ab diesem Herbst unter professionellen Bedingungen trainieren. Bruder Mirco und die Devils sind dann nicht mehr weit weg, sondern nur noch eineinhalb Flugstunden entfernt.

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