Obama macht Syrien zur Chefsache
US-Präsident Barack Obama geht in die Offensive: Heute wird er fünf TV-Interviews geben. Sein Stabschef gab bekannt, dass nur der «gesunde Menschenverstand» für einen Giftgasanschlag in Syrien spreche.

Der US-Präsident hat nach Einschätzung seines Stabschefs keine «unwiderlegbaren Beweise» für einen Giftgaseinsatz Assads, aber der «gesunde Menschenverstand» spreche dafür. Die US-Öffentlichkeit soll jetzt mit einer Interview-Offensive und einer Fernsehansprache überzeugt werden.
US-Präsident Barack Obama schaltet sich heute Montag mit einer Interview-Offensive in die Bemühungen seiner Regierung ein, die amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Militärschlags gegen die syrische Regierung zu überzeugen. Sechs Fernsehinterviews sind am Montag geplant, am Dienstag wendet sich der Präsident mit einer Fernsehansprache an die Nation.
«Das ist kein Gerichtshof»
Am Sonntag traf er sich mit republikanischen Senatoren bei einem Abendessen, das Vizepräsident Joe Biden gab. Am Dienstag will er Senatoren seiner demokratischen Partei für ein «gezieltes, begrenztes, folgerichtiges Vorgehen» gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad gewinnen, wie der Stabschef des Weissen Hauses, Denis McDonough, erklärte.
McDonough bereitete Obamas Offensive am Sonntag mit fünf Fernsehinterviews vor. Dabei räumte er aber auch ein, dass die US-Regierung keine «unwiderlegbaren, über jeden Zweifel erhabenen Beweise» für einen Giftgaseinsatz der syrischen Regierungstruppen habe. Ein «Test des gesunden Menschenverstandes» führe aber zwingend zu der Gewissheit, dass die syrische Regierung für den Chemiewaffeneinsatz im vergangenen Monat verantwortlich sei.
McDonough wandte sich dagegen, juristische Massstäbe bei der Analyse von Geheimdienstinformationen anzulegen. «Das ist kein Gerichtshof», sagte der enge Mitarbeiter Obamas. «Geheimdienste arbeiten nicht so.»
Assad: «Es gibt keine Beweise»
Unter Berufung auf ihre Geheimdienste hat die US-Regierung erklärt, bei einem syrischen Einsatz des Giftgases Sarin seien am 21. August in Vororten von Damaskus 1429 Menschen getötet worden, darunter 426 Kinder. Syrische Oppositionsvertreter sprechen von noch mehr Toten, die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London erklärte, sie könne bisher 502 Tote bestätigen.
Assad sagte in einem Interview am Sonntag, es gebe keine schlüssigen Beweise dafür, wer das Giftgas eingesetzt habe. Der syrische Präsident legte in dem Interview mit dem US-Journalisten Charlie Rose nahe, Rebellen hätten chemische Kampfstoffe eingesetzt. US-Aussenminister John Kerry sagte dazu vor Journalisten: «Die Beweislage spricht für sich selbst.»
Mehrheit ist nicht gesichert
Am Mittwoch soll es im Senat eine erste Abstimmung über einen begrenzten Militärschlag der USA geben, die entscheidende in dieser Kammer am Wochenende. Eine Abstimmung im Repräsentantenhaus wird in der darauffolgenden Woche – also nach dem 16. September – erwartet. Eine Mehrheit gilt als nicht gesichert, die US-Bevölkerung gilt als kriegsmüde. Obama will vom Kongress ein Mandat für den Einsatz militärischer Gewalt für nicht länger als 90 Tage. US-Bodentruppen sollen nicht an Kampfhandlungen teilnehmen.
Insbesondere aus dem Repräsentantenhaus gab es am Sonntag kritische Stimmen zu einem US-Militärschlag. «Ein paar Tomahawk-Raketen abzuschiessen, wird im Ausland nicht unsere Glaubwürdigkeit wiederherstellen», sagte der republikanische Abgeordnete Mike McCaul, Vorsitzender des Ausschusses für Heimatschutz und Sicherheit. Die demokratische Abgeordnete Loretta Sanchez fügte hinzu: «Wenn der Präsident sagt, das ist einfach nur eine schnelle Sache und dann sind wir wieder draussen: So beginnen lange Kriege.»
Nach einer Erhebung der Nachrichtenagentur AP waren bis Sonntag fast die Hälfte der 433 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel der 100 Senatoren in der Syrien-Frage unentschieden.
AP/chk
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