Obamas Drohnenkrieger beschwichtigt
Die Senatsanhörung des designierten CIA-Chefs John Brennan offenbarte wachsende Zweifel am US-Drohnenkrieg. Die Sitzung wurde von Tumulten unterbrochen, der Saal geräumt.

Barack Obamas designierter CIA-Direktor wand sich ein wenig: Alles nur Erdenkliche werde getan, um «tödliche Drohneneinsätze» zu vermeiden, versuchte John Brennan gestern bei seiner Bestätigungsanhörung vor dem nachrichtendienstlichen Ausschuss des Senats auf dem Washingtoner Kapitolshügel die Senatoren zu beruhigen. Die Auslassungen von Obamas Terrorismus-Berater, der dem Präsidenten die Tötungslisten zur ferngesteuerten Ausschaltung Terrorverdächtiger vorlegte, wurden von Demonstranten unterbrochen, kaum dass die Anhörung begonnen hatte. «Brennan ist gleich Drohnentod», besagte eines ihrer Plakate.
Die vorsitzende Senatorin Diane Feinstein (Kalifornien) liess kurzzeitig den Saal räumen, die Proteste aber widerspiegelten ebenso das wachsende amerikanische Unwohlsein über die Drohneneinsätze wie die Fragen vor allem demokratischer Senatoren an Brennan. Zum Politikum geworden sind die Drohneneinsätze vor allem durch die Legitimierung der Tötung amerikanischer Staatsbürger: Das 2011 im Jemen getötete al Qaida-Mitglied Anwar al-Awlaki war ebenso Amerikaner wie sein minderjähriger Sohn, der wie der Vater durch eine CIA-Drohne getötet wurde.
Brennan: Man befindet sich weiter im Krieg
War daran laut Kritik geübt worden, so sorgte die juristische Rechtfertigung der Obama-Administration für solche Aktionen, am Montag in die Medien geleckt, erst recht für Aufregung: Sie erlaubt die Eliminierung amerikanischer Staatsbürger wegen Terrorverdachts auch dann, wenn keine Gefahr im Verzug ist. Brennan mochte gestern auf die Fragen besorgter Senatoren wie etwa Ron Wyden (Oregon) noch so oft sagen, man gehe mit den CIA-Drohnenoperationen sorgfältigst um, ja werde sogar eingestehen, wenn Unschuldige bei den Einsätzen getötet wurden: Tatsache bleibt, dass Barack Obamas Krieg im Dunkeln zusehends ans Tageslicht gezerrt wird.
Der designierte CIA-Direktor räumte zwar ein, es sei gut, wenn der amerikanischen Öffentlichkeit der Drohnenkrieg «erklärt» werde. Auch müsse man die zusehends paramilitärische und militärische Rolle des Nachrichtendienstes überprüfen. Zweifel an der klandestinen Kriegsführung, die in Staaten wie Pakistan oder dem Jemen womöglich mehr amerikanische Feinde schafft als sie dahinrafft, äusserte Brennan jedoch nicht. Man befinde sich weiterhin im Krieg mit al-Qaida, sagte er, während Präsidentensprecher Jay Carney den Drohnenkrieg sogar als «legal, ethisch und weise» verteidigte.
«Rigorose Regeln für Drohneneinsätze»
Hatte Obamas neuer Aussenminister John Kerry noch kürzlich gesagt, die amerikanische Aussenpolitik werde nicht «durch Drohnen und Truppenaufgebote» definiert, so steht Brennan für das exakte Gegenteil - und für einen Präsidenten, der von amerikanischen Liberalen und Progressiven von Beginn an missverstanden wurde. Denn niemals war Barack Obama ein Kriegsgegner. «Ich stehe vor euch als jemand, der nicht grundsätzlich gegen Krieg ist», beschied der damalige Shooting-Star 2002 auf einer Kundgebung gegen George W. Bushs heraufziehenden Krieg im Irak die überraschten Kriegsgegner. Auch bei seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises 2009 in Oslo bezeichnete Obama den «gerechten Krieg» als erlaubte Notwendigkeit.
Vom Krieg im Irak hielt er nichts, den Krieg in Afghanistan wickelte er ab, einen anderen Krieg aber, den mit Drohnen und Sonderkräften, forcierte er. John Brennan ist Obamas Mann für diesen Krieg im Dunkeln, zu dem eben auch Tötungslisten mitsamt der Tötung amerikanischer Staatsbürger ohne Anklage und Prozess gehören. Hämisch, doch mit einigem Recht schrieb George W. Bushs ehemaliger Pressesprecher Ari Fleischer nach dem Bekanntwerden des zweifelhaften juristischen Unterbaus für diese Tötungsaktionen, es sei «eine gute Sache, dass das Drohnen-Memorandum nicht 2008 publik wurde - Kandidat Obama hätte solches Zeug niemals toleriert».
Dass John Brennan gestern betonte, man befolge bei den Drohneneinsätzen «rigorose Regeln», macht die Sache nicht besser: Der verdeckte Krieg des Barack Obama bewegt sich auf fragwürdigem juristischem Terrain, er fordert unschuldige Opfer und ist womöglich kontraproduktiv.
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