
«Es ist wieder Donnerstag.» Unter diesem Motto protestierten diese Woche mehrere Tausend Menschen vor dem Wiener Bundeskanzleramt gegen die eigene Regierung. Das Motto erinnert an die legendären Demos im Jahr 2000, als der konservative Wolfgang Schüssel mit dem Rechtspopulisten Jörg Haider eine Koalition gebildet hatte. Haider starb vor zehn Jahren, seine politischen Erben haben es wieder an die Macht geschafft.
Die neue Koalition von ÖVP und FPÖ unter Kanzler Sebastian Kurz greift nun Grundwerte der Demokratie an, wie es unter Schüssel und Haider kaum vorstellbar war.
Besonders angriffslustig ist FPÖ-Innenminister Herbert Kickl. Die Zerstörung des Verfassungsschutzes, die Angriffe auf kritische Medien und der Versuch seines Ministeriums, unbequeme NGOs mundtot zu machen, könnten auch von Ungarns Regierungschef Viktor Orban kommen. Die Methode, umstrittene Gesetzesänderungen im letzten Moment einzubringen und ohne Vernehmlassung durchzuwinken, kennt man ebenfalls aus Budapest. Genauso wie die Hasskampagnen: In Ungarn heisst das Feindbild George Soros. In Österreich denunziert die Regierungspartei FPÖ Flüchtlinge als Ladendiebe und IS-Anhänger, nennt Namen, zeigt Fotos. Nichts davon ist wahr, doch die Boulevardzeitungen spielen mit und werden mit Regierungsinseraten belohnt. Diktatoren werden hingegen umworben. FPÖ-Chef Strache fährt nach Aserbeidschan, Kanzler Kurz traf dieses Jahr viermal Wladimir Putin. Zu den Problemen in der EU hat die österreichische Ratspräsidentschaft bisher wenig zu sagen.
Kurz stimmte für ein EU-Verfahren gegen Ungarn. Im eigenen Land macht er jedoch mit den Mini-Orbans gemeinsame Sache. So war es auch im Jahr 2000: Wolfgang Schüssel sah weg, wenn sich Haider und seinen «Buberln» schamlos bereicherten. Das Ergebnis waren Korruptionsprozesse, die bis heute andauern. Haiders Erben sind weniger korrupt, aber knallharte Ideologen. Sie wollen den illiberalen Staat nach ungarischem Vorbild. Niemand hält sie auf.
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Österreich wird Ungarn
Hass, Hetze, Angriffe auf die Pressefreiheit – die FPÖ unter Kanzler Kurz tritt in Orbans Fussstapfen.