Offene Saunen und schräge Ideen
Finnlands Hauptstadt ist lebhafter und überraschender geworden. Auch dank Stadtaktivist Jaakko Blomberg.

Irgendwann kam Jaakko Blomberg an den Punkt, an dem er sich eine grundsätzliche Frage stellte: auswandern oder bleiben?
Helsinki war seine Heimat, das schon, aber sie langweilte ihn. Ihm fehlten Farbe, Schwung und Überraschungen. Und er störte sich an strengen Vorschriften, die ihm wie Fesseln vorkamen, aus denen sich die Leute nicht befreien konnten. Oder wohl eher: nicht getrauten, sich davon zu lösen. Blomberg dachte: «Wenn sich nichts ändert, muss ich weg.»
Es wäre die einfachste Lösung, zu gehen, alles hinter sich zu lassen. Aber sein Gewissen und Ehrgeiz trieben ihn an, initiativ zu werden und der Stadt mit den 630 000 Einwohnern einen neuen Anstrich zu geben, im sprichwörtlichen wie im übertragenen Sinn. Heute weiss der 33-Jährige: Es hat sich gelohnt, anzupacken statt davonzulaufen. «Jetzt gefällt es mir richtig gut, ich bin stolz auf Helsinki. Es ist eine offene Stadt mit offenen Menschen geworden», sagt er. Und Blomberg ist eines der bekannten Gesichter geworden – Blomberg, der eine rebellische Ader hat, mit seiner sanften Stimme und dem blonden Pferdeschwanz gar nicht wirkt wie einer, der sich auflehnt und aufrüttelt. Aber der hagere Mann ist unerschrocken und ausgestattet mit einer Vielseitigkeit, die es gar nicht einmal so einfach macht, ihn einer Berufsgattung zuzuteilen: «Am besten trifft es wohl der Begriff Stadtaktivist.»
Blomberg stammt aus Kajaani, einer rauen Ecke im Nordosten Finnlands. Nicht besonders schön sei es dort, hohe Arbeitslosigkeit, wenig los, Provinz. Helsinki zieht ihn an, die Möglichkeit, zu studieren. Als Student vertieft er an der Uni seine Interessen für Kultur, Geschichte und Literatur. Er gilt als kreativer Geist mit einem Haufen origineller Einfälle und der Energie, die Ideen auch umzusetzen. Als er sich mit der Thematik befasst, was sich in und aus Helsinki machen lässt, nutzt er die Macht der sozialen Medien, um mit seinen Anliegen möglichst viele Menschen zu erreichen. 2012 ruft Blomberg zu einem Flohmarkt in der Stadt auf, an dem alle ihre Ware, die sie daheim lagern, aber nicht mehr brauchen, auf der Strasse verkaufen sollen. Blomberg kümmert es nicht, dass er dafür eigentlich eine Genehmigung bräuchte.
Massendinner ohne Erlaubnis der Stadt
Seine Aktion hat durchschlagenden Erfolg. Und wird in vielen anderen Städten Finnlands kopiert. Der Blonde aus Helsinki sorgt dafür, dass sich Street-Art etabliert und trübe Betonklötze von Künstlern verschönert werden. Er veranstaltet, selbstredend ohne Erlaubnis der Stadt, im Sommer 2012 ein «Dinner under the Helsinki Sky» auf einer der grössten Geschäftsstrassen im Zentrum. 1000 Menschen folgen seinem Aufruf, um gemeinsam an langen Holztischen zu essen und zu trinken. 2016 organisiert er den Tag der offenen Sauna-Tür: Wer in Helsinki eine private Sauna besitzt (und davon gibt es ziemlich viele), lädt Fremde zum Saunieren ein. Zu Blombergs Repertoire an schrägen Ideen gehören auch Ausstellungen in Privathaushalten. Wobei eine Botschaft stets über allem steht: Die Aktionen sollen keinen Schaden anrichten, sondern eine positive Ausstrahlung haben und als Anregung dienen, sich nicht dauernd von Vorschriften aufhalten zu lassen.
Inzwischen ist Blomberg auch so etwas wie ein Gastronom. Er hat einen veganen Kiosk eröffnet und ihm den Namen Jänö gegeben, Häschen. Der Laden ist nur ein paar Quadratmeter gross, aber um Kundschaft brauchen er und seine Angestellten nicht zu ringen. Der Aktivist denkt darüber nach, den Kiosk ganzjährig zu öffnen.
Blomberg kommen laufend neue Dinge in den Sinn, und eigentlich hat er nur ein Problem: zu wenig Zeit. Die Stadt kooperiert mit dem Aktivisten, weil sie sehr wohl registriert hat, welch positiven Einfluss er ausübt. Für Pekka Sauri, der bis Ende Juni Vizebürgermeister war, wandelte sich das Bild von Helsinki in den vergangenen zehn Jahren. Er meint damit nicht primär die baulichen Massnahmen, die optisch zu einer Veränderung beigetragen haben, sondern die wachsende Lust daran, Helsinki zu einem lebhaften Zentrum zu machen. «Wir haben zwar nicht viele Monumente, wir haben keinen Eiffelturm oder ein Kolosseum», sagt der grüne Politiker, «aber es merken immer mehr Touristen, dass wir ihnen eine gastfreundliche Stadt bieten, in der man sich wohlfühlt.» Sauri schreibt Blomberg einen grossen Verdienst zu: «Auch dank seiner Aktivitäten sind wir offener geworden, dynamischer und cooler.»
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Die Reise wurde unterstützt von der Stadt Helsinki.
Anreise Mit Swiss oder Finnair
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