Geldberater: Der Marktschrei(b)erOhne Komax läuft es nicht in der Autoindustrie
Sika hat einen neuen Chef +++ Flughafen Zürich verzeichnet mehr Passagiere +++ Leonteq bleibt eine Wette wert +++ Sulzer will eine Tochter abspalten.

Sika: Kaufen
Seit Mai führt ein neuer Chef die Geschicke von Sika: Thomas Hasler, ein Sika-Urgestein. Er hat von Paul Schuler übernommen, einem anderen Sika-Urgestein. Es überrascht mich nicht, dass der Börsenkurs keine Reaktion gezeigt hat. Der neue Chef steht für Kontinuität, es sind keine Brüche zu erwarten. Dafür besteht auch kein Grund. Der Kurs der Sika-Aktien zeigt stetig nach oben und reflektiert die ausgezeichnete Verfassung des Konzerns sowie die stimmige Strategie. Das Unternehmen hat es im ersten Quartal fertiggebracht, trotz Corona Rekordwerte zu realisieren. Ich zweifle nicht daran, dass dies auch im ersten Semester der Fall sein wird. Umsatz und Ertrag werden sich weiter verbessern. Es ist schwierig, ernsthafte Herausforderungen zu finden. Der Bauzulieferer nimmt auf all seinen Märkten führende Positionen ein und gewinnt regelmässig Anteile. Daraus ergibt sich das wohl einzige «Problem»: Sika-Aktien sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 44 recht teuer. Der hohe Preis ist allerdings Ausdruck von ebenso hoher Qualität.
Flughafen Zürich: Halten
Die Aktien des Flughafens Zürich haben Anfang Monat Fahrt aufgenommen. Es macht den Eindruck, als würde jede verabreichte Impfdosis dem Kurs Gutes tun. Und wer in der Region wohnt, der hört: Es sind wieder mehr Jets in der Luft als noch vor kurzer Zeit. Die Passagierzahlen waren im Mai am Airport denn auch spürbar höher als im Vormonat. Die Ablehnung des CO2-Gesetzes durch die Schweizer Stimmberechtigten verhindert, zumindest vorerst, eine Kohlendioxidabgabe auf Flugtickets, was Analysten über ein rascheres Passagierwachstum orakeln lässt. Wann sich die Zahl der Fluggäste auf Vorkrisenniveau erholt haben wird, bleibt jedoch unsicher. Die mögliche Bandbreite zwischen 2023 und 2025, mit der Analysten rechnen, wurde bisher seitens des Flughafenmanagements nicht eingegrenzt. Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass im Kurs der Flughafenaktien bereits viele Hoffnungen eingepreist sind. Doch die Basis stimmt, sie hat mit dem Immobilienprojekt The Circle an Stabilität gewonnen. Auchhat das Management das Unternehmen bisher sicher durch die Krise gesteuert. Wer in Flughafenaktien investiert ist, sollte dabeibleiben.
Komax: Kaufen
Die Aktien des Maschinenherstellers Komax haben zwei katastrophale Jahre hinter sich. Das Unternehmen, das vier Fünftel des Umsatzes mit Kunden aus der Automobilindustrie erzielt, litt bereits 2019 unter dem schwierigen Geschäftsumfeld in der Branche. Im vergangenen Jahr folgte mit der Pandemie der zweite Schlag: Autohersteller mussten ihre Werke wochenlang schliessen. Das Geschäft von Komax brach ein. Umso stärker fiel die Erholung aus: Seit Anfang Jahr haben die Titel über ein Viertel zugelegt. Nun tendieren sie schon eine Weile seitwärts. So rasant, wie sich das mancher erhofft hatte, scheint die Nachfrage doch nicht zurückzukehren. Wer einen etwas längeren Atem hat, kann auch auf dem aktuellen Kursniveau noch einsteigen. Bis 2023 peilt das Unternehmen wieder Kennzahlen an, wie sie 2018 üblich waren. Zudem sind die strukturellen Aussichten hervorragend: Die Kunden von Komax – Kabelsatzhersteller, welche die Autoindustrie beliefern – stehen unter Druck, manuelle Arbeit zu automatisieren. Dafür sind sie auf Maschinen von Komax angewiesen, dem Marktführer in diesem Bereich.
Leonteq: Dosiert kaufen
Bei Leonteq läufts. Der Spezialist für strukturierte Anlageprodukte hat überraschend ein Rekordergebnis fürs erste Halbjahr angekündigt. Die positive Gewinnwarnung blieb allerdings nebulös, denn konkret wurde Leonteq nicht. Die Anleger können sich also nur daran orientieren, dass das bisher beste Semesterergebnis von bereits beeindruckenden 53 Millionen Franken aus dem Jahr 2018 getoppt werden wird. Damals erzielte Leonteq auch für das Gesamtjahr einen Gewinnrekord. Die Aktien gehören seit Jahresanfang mit einem Wertzuwachs von mehr als 50 Prozent zu den Gewinnern am Schweizer Markt. Überteuert kommen sie allerdings noch nicht daher. Denn Leonteq wird in den kommenden Jahren weitere Rekorde einfahren können, wenn es ihr wie in jüngster Zeit gelingt, neue Banken als Emittenten auf die Plattform zu holen und die Absicherung der eigenen Produkte weiter an Drittparteien auszulagern. Für langfristig orientierte Anleger bleiben die Aktien trotz des erreichten Niveaus einen Blick wert.
Sulzer: Halten
Sulzer will die Tochtergesellschaft Medmix diesen Herbst an die Börse bringen. Medmix stellt Applikatoren und Dispenser aus Kunststoff her. Im Gesundheitsbereich werden solche Produkte gebraucht, um Zahnfüllungen anzubringen – in der Industrie wiederum für Zweikomponentenkleberpistolen, und auch in der Kosmetikbranche kommen sie zum Einsatz. Der Medmix-Umsatz soll dieses Jahr rund 450 Millionen Franken betragen. Angestrebt werden jährliche Zuwächse von 8 Prozent. Die Marge auf Basis Gewinn vor Zinsaufwand, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen dürfte mittelfristig von 25 auf 30 Prozent steigen, erwartet das Sulzer-Management. Allerdings ist Medmix erst vor gar nicht langer Zeit entstanden – und das macht mich skeptisch. Seit 2013 wurden acht Akquisitionen von der Tochter getätigt; heute bestehen weltweit 12 Fabriken und 17 Vertriebspunkte. Dies alles muss erst zu einem funktionierenden Ganzen zusammengefügt werden. Angesichts der höchst unterschiedlichen Kundenmärkte dürfte das nicht einfach sein. Die Verselbstständigung wird Medmix zwar guttun, aber die Ziele muten zu optimistisch an. Die Aktien von Sulzer haben deshalb nur limitiertes Potenzial.
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch.
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