Oligarch bedroht ein Naturparadies
Ein ukrainischer Milliardär will ein riesiges Tourismusprojekt aufziehen. Der Vertraute des Präsidenten hat auch Beziehungen in die Schweiz.

Sie zählen zu den grössten Naturschätzen Europas: Die Buchenwälder der ukrainischen Waldkarpaten sind nicht nur Lebensraum für Pflanzen und Tierarten, die in anderen Gebieten längst ausgestorben sind. Sie gaben in früheren Zeiten einer Region ihren Namen: Bukowina. Doch diese wenig berührte Natur ist nun durch ein riesiges Tourismusprojekt bedroht.
«Svydovets» soll eines der grössten Skigebiete in Europa werden – mit 23 Liften, 230 Kilometer Skipisten, 60 Hotels,120 Restaurants. 28'000 Besucher sollen hier im Winter jeden Tag über die Pisten gleiten.
Offiziell ist «Svydovets» ein staatliches Projekt. Der Basler Bruno-Manser-Fonds sieht jedoch als treibende Kraft den ukrainischen Milliardär Igor Kolomojski, der bis vor kurzem in Genf lebte und dessen Familie in der Schweiz geschäftlich tätig ist. Gemeinsam mit der linken Bewegung Longo Mai und der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Free Svydovets stellt der Bruno-Manser-Fonds heute in Kiew einen Forschungsbericht vor: «Wie Oligarchen eine der unberührtesten Landschaften der Ukraine zerstören wollen».
Im Bericht wird die Firma Skorzonera als Antragsteller des Megaprojekts genannt. Sie gehört über Umwege Kolomojski und einem Geschäftspartner und ist Besitzerin eines kleineren Skigebietes in den Waldkarpaten namens Bukovel. Dieses soll in das Megaprojekt integriert werden.
Unter Korruptionsverdacht
Zurzeit hat Kolomojski andere Probleme: Er soll seiner eigenen Privatbank mehrere Milliarden Dollar entzogen und auf Offshorekonten versteckt haben. Die vom Konkurs bedrohte Bank musste verstaatlicht werden. Um den finanziellen Verlust auszugleichen, liess die ukrainische Nationalbank Vermögen von Kolomojskis Firmen einfrieren und verklagte den Oligarchen an seinem damaligen Wohnsitz – in Genf. Kolomojski antwortete mit Gegenklagen in der Ukraine. Noch ist nichts entschieden. Sollte der Oligarch die Kontrolle über seine Bank zurückbekommen, werde er die Zerstörung der Waldkarpaten rasch vorantreiben, fürchten Umweltschützer.
Durch den Bau einer ganzen Touristenstadt werde der Wasserhaushalt dieses Mittelgebirges bedroht, warnt Lukas Straumann, Geschäftsleiter des Bruno-Manser-Fonds. Dabei sei gar nicht sicher, ob es in den kommenden Jahren noch genug Schnee geben werde in Höhenlagen zwischen 1600 und 1800 Metern.
Doch warum macht sich eine Schweizer Organisation so gegen die Abholzung osteuropäischer Wälder stark? Einerseits engagiert sich der Bruno-Manser-Fonds ganz im Sinn seines in Borneo verschollenen Gründers für den Schutz von Urwäldern weltweit. Andererseits kam aus der Ukraine ein Hilferuf lokaler Umweltschutzgruppen. Von der Schweiz aus sei es eben leichter, ukrainische Oligarchen anzugreifen, sagt Geschäftsleiter Straumann: «Diese Leute sind sehr unberechenbar, das kann für Aktivisten vor Ort schnell bedrohlich werden.»

Dass der Forschungsbericht im ukrainischen Umweltministerium vorgestellt werden kann, ist für die Autoren ein erstes positives Zeichen. Sie hoffen auf die Unterstützung des neuen Staatspräsidenten Wolodimir Selenski, den sie in der Einleitung zitieren: «Umweltschutz ist eine Investition in zukünftige Generationen.»
Allerdings droht dem Präsidenten ein Interessenkonflikt. Er gilt als Schützling Kolomojskis. Seine Satireserie wurde im Fernsehsender des Oligarchen ausgestrahlt, und Kolomojskis ehemaliger Anwalt leitet das Präsidentenbüro. Radio Free Europe fand heraus, dass Selenski vor seiner Wahl zum Präsidenten innert 18 Monaten elfmal zu Kolomojski nach Genf geflogen war. Ende vergangenen Jahres übersiedelte der Oligarch nach Israel, heute ist er wieder häufiger in der Ukraine. Kolomojski war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Nach der Präsentation in Kiew wolle der Bruno-Manser-Fonds im Hintergrund aktiv bleiben, erklärt Geschäftsleiter Lukas Straumann: «Wenn ein ukrainischer Investor so lange in der Schweiz lebte und von der Schweiz aus Geschäfte betreibt, dann sind seine Aktivitäten natürlich für uns ein Thema.»
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