«Das ist ein sehr zähes Öl»
Erst gerade wurde der Braunpelikan von der Liste der bedrohten Tierarten in Louisiana gestrichen. Die Ölkatastrophe bringt die Wildtiere erneut in Gefahr.

Er ist das Wahrzeichen von Louisiana. Und derzeit wird an dutzenden ölverschmierten Exemplaren des Braunpelikans die grösste Sorge des US-Bundesstaates sichtbar: die Ölpest im Golf von Mexiko. Mitten in ihrer Brutzeit werden immer mehr Braunpelikane ins Vogel-Rettungszentrum von Fort Jackson gebracht, um sie von einem zähen, lebensbedrohlichen Ölfilm zu befreien. Die Helfer tun ihr Bestes, aber für die Seevögel ist die Prozedur reiner Stress. So gehen viele Vögel nicht nur an dem Öl selbst, sondern auch an den Strapazen zugrunde. Welche langfristigen Folgen die Umweltkatastrophe für die bedrohte Tierart hat, ist noch nicht abzusehen.
Im Vogel-Rettungszentrum von Fort Jackson am Mississippi-Delta herrscht Hochbetrieb. Allein am Donnerstag und Freitag vergangener Woche wurden fast 70 ölverschmierte Braunpelikane eingeliefert. Zu Beginn der Ölkatastrophe, die durch die Explosion der BP-Bohrinsel «Deepwater Horizon» am 20. April ausgelöst wurde, waren es noch ein bis vier Vögel am Tag gewesen. Nun macht den Tierschützern der starke Wind zu schaffen, der den Ölteppich in das Marschland von Louisiana drückt. In der Nähe von Fort Jackson liegt in der Barataria-Bucht die Queen-Bess-Insel, eine der Hauptbrutstätten für Braunpelikane. Sie trifft die Umweltkatastrophe also besonders hart.
Tagelange Prozedur
Einen der rund einen Meter grossen Braunpelikane vom Öl zu befreien, dauert etwa eine Stunde. Zuerst wird das meiste Öl mit einem Handtuch abgerubbelt, erklärt Sharon Taylor, Tierärztin von der US-Fischerei- und Wildtierbehörde. Dann wird das restliche Öl mit einem Reinigungsmittel und warmen Wasser entfernt. Um festzustellen, ob der Vogel krank ist, wiegen die Helfer ihn und messen seine Temperatur. Zum Abschluss wird ein Röhrchen mit Wasser in dem grossen Schnabel des Pelikans platziert, das ihm in den kommenden zwei Tagen bei der Rehydrierung helfen soll. Bis das Federkleid trocken und wieder wasserabweisend ist, müssen die Braunpelikane noch vier bis sieben Tage im Schutzzentrum bleiben.
Die Reinigungsprozedur ist für die rund 20 Helfer in Fort Jackson richtig anstrengend. «Das ist ein sehr zähes Öl. Man muss sehr stark rubbeln», sagt Jay Holcomb vom Internationalen Vogelrettungsforschungszentrum (IBRRC). Noch schlimmer ist es aber für die Pelikane, die als Wildtiere Todesangst vor den aufdringlichen Helfern haben. So sterben viele Vögel auch am Stress. In Fort Jackson überleben daher nur 50 bis 70 Prozent der eingelieferten Braunpelikane.
Braunpelikane besonders betroffen
Immerhin haben die Tiere dort aber eine Überlebenschance. In freier Wildbahn sterben ölverschmierte Braunpelikane an Unterkühlung oder Vergiftung, andere ertrinken. Braunpelikane sind besonders oft und stark mit einer gefährlichen Ölschicht überzogen, weil sie als einzige Pelikanart im Wasser nach Fischen tauchen.
Um möglichst viele Braunpelikane und andere Seevögel vor der Ölpest zu retten, sind zahlreiche Tierschützer in Booten unterwegs. «Gestern habe ich einen Braunpelikan in das Öl fallen sehen», erzählt der 37-jährige Fischer Ross Barkhurst, der ein Team von BP durch die Gewässer an der Küste von Louisiana fährt. «Da war eine Ente in einem Marschgebiet, die sich aus dem Ölteppich zu befreien versuchte. Und da der Pelikan dachte, dass sie eine Beute ist, griff er sich den Vogel und steckte dann selber im Öl fest.»
1968 wieder angesiedelt
Bis Anfang Juni wurden fast 156 ölverschmierte Seevögel gefunden und in Hundezwingern zu Rettungszentren wie das in Fort Jackson gebracht. Die Einsatzkräfte entdeckten aber auch 57 Vogelkadaver. «Die Queen-Bess-Insel ist, was die Tier- und Pflanzenwelt angeht, die am stärksten betroffene Gegend», sagt der für die Regierung arbeitende Biologe Michael Carloss.
Der Braunpelikan war erst 1968 wieder in der Gegend angesiedelt worden, nachdem die Art nahezu ausgerottet worden war. Im November wurde der Braunpelikan von der Liste bedrohter Tierarten gestrichen. Die Ölpest könnte dafür sorgen, dass er dort sehr schnell wieder landet.
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