«Mein Myles muss noch in Wengen sein»
Der Engländer Myles Robinson ist seit knapp einer Woche spurlos verschwunden. Seine Familie und Freunde suchen seit gestern jede Ecke des Dorfes ab. Sie sind von einem Verbrechen überzeugt.
«Er kann nicht weg sein – er ist garantiert irgendwo hier in Wengen»: Cara Robinson wirkt gefasst. Die 25-jährige Schwester des seit sechs Tagen vermissten Myles Robinson ist überzeugt, dass ihr Bruder nicht etwa aus Blödsinn oder infolge Trunkenheit verschwunden ist, sondern unter anderen, unerklärlichen Umständen: «Er nahm letzten Montagabend sicherlich ein paar Drinks zu sich, aber nicht mehr als üblich», erinnert sich Cara, die am 21.Dezember gegen elf Uhr abends gemeinsam mit Myles ausging. «Als ich nach ein Uhr nachts von der Blue Monkey Bar nach Hause ging, spielte er noch mit ein paar Kumpels Billard», so Cara Robinson.
Der Neuseeländer Barchef Philipp Kingston, der schon seit 15 Jahren in Wengen lebt und arbeitet, kennt den Vermissten schon lange: «Ich konnte am besagten Abend nichts Auffälliges an Myles feststellen. Er war jedenfalls nicht betrunken.» Geschäftsleiter Christoph Stieger bestätigt dies und ergänzt: «Die Überwachungskamera am Ausgang unseres Lokals hat Myles Robinson beim Verlassen des Lokals erfasst. Auf dieser Aufnahme läuft er sicheren Schrittes und kerzengerade ins Freie.»
«Er war nicht betrunken»
Laut Mitteilung des Onlineportals der Britischen Tageszeitung «Daily Mail», «Mail online», soll Myles Robinson nach Verlassen der Blue Monkey Bar – des bekannten Treffpunktes der englischen Urlauber in Wengen – noch eine Bekannte der Familie sicher nach Hause begleitet haben. Von da weg fehlt von ihm jede Spur.
Auf Myles’ Mitgliedschaft im «Wengen Drinking Team» mit 65 Mitgliedern angesprochen, sagt Cara Robinson: «Das hat nichts mit einer Saufrunde zu tun. Wie schnell sind auf Facebook doch Kontakte geknüpft und solche Gruppen gegründet. Myles liebt Wengen und kennt hier viele junge Einheimische, aber auch Briten und Iren. So ist es nicht aussergewöhnlich, dass er in einer solchen Facebook-Gruppe erscheint.» Ausserdem kenne sie ihren Bruder gut genug, um beurteilen zu können, «dass er in der Nacht seines Verschwindens keinesfalls betrunken war».
«Herzliche Verbindung»
Cara macht kein Geheimnis daraus, «dass wir eine ausgesprochen herzliche Verbindung zueinander haben. Gerade wir beiden einzigen Geschwister lieben uns so sehr.»
Mutter Sarah, die schon seit 47 Jahren jedes Jahresende in Wengen verbringt, hat nicht die geringsten Zweifel: «Myles ist in Wengen. Es ist nicht möglich, dass er um diese Uhrzeit noch irgendwohin aufgebrochen wäre. Mein Sohn macht sich auch nichts aus Wanderungen oder sonstigen spontanen Verrücktheiten.» Er habe ihr immer zumindest ein SMS gesendet, wenn er mal kurzfristig seine Pläne geändert habe. Schliesslich bringt es Sarah Robinson auf den Punkt: «Wir sind überzeugt, dass da ein Verbrechen vorliegt.»
Grosse Suchaktion läuft
Gestern Sonntag hat Liz Moore, eine langjährige Freundin der Familie Robinson, gemeinsam mit ihrer Tochter Alex eine umfangreiche private Suchaktion lanciert: Am Mittag trafen sich in der Arvenstube des Hotels Eiger über 70 Personen zur systematischen Suche nach dem verschwundenen Myles: Briten, Holländer, Schweizer Touristen und Einheimische helfen in diesen Tagen und Stunden bei der Suche nach dem 23-Jährigen mit. In einem durch ortskundige Helfer erstellten Raster wollen die Beteiligten möglichst alle 630 Häuser in Wengen durchsuchen: «Wir gehen mit der Bitte auf die Hausbesitzer zu, sie sollen uns doch durch ihr Haus oder ihre Scheune begleiten», sagt Liz Moore.
Jeder Hausbesuch wird von den verschiedenen Gruppen genauestens rapportiert: «Und die Resultate werden wir dann der Polizei vorlegen», sagt Liz Moore. Myles’ Mutter Sarah wird dabei konkret: «Jeder, der mit dem Verschwinden unseres Sohnes nichts zu tun hat, dürfte uns doch sicher auch bedenkenlos Eintritt in sein Haus gewähren.» Auch ist die Familie Robinson inzwischen mit dem britischen Konsulat in Bern in Kontakt getreten: «Auf diesem Weg versuchen wir an eine gerichtliche Ausnahmeverfügung zu gelangen, die den Untersuchungsorganen den Zutritt zu den Häusern ermöglicht», hofft Sarah Robinson.
Vor beruflicher Laufbahn
Myles’ Vater Michael Robinson erzählt von seinem Sohn, der erst letzten Sommer in Newcastle sein Wirtschaftsstudium mit dem Bachelor-Diplom beendet hat und in wenigen Wochen im Westen von London eine neue Arbeitsstelle als Finanzberater antreten kann: «Myles war schon als Einjähriger hier in Wengen im Urlaub. Entsprechend viele Einheimische hat er im Verlaufe der Jahre hier kennen gelernt.» Schwester Cara ergänzt: «Wengen ist für Myles der schönste Platz der Welt. Und gestern wäre sogar seine Freundin noch aus England zu uns gestossen.»
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