Paradiesvögel am Rande der Gesellschaft
Der 2006 verstorbene Zürcher Karlheinz Weinberger fotografierte gern an den Rändern der Gesellschaft. Seine bisher grösste Ausstellung zeigt auch unbekannte Bilder.

Man schmunzelt, wenn man sich überlegt, womit die sogenannten Halbstarken Anfang der 60er in Zürich provozierten. Jeans, Haargel und eine Leck-mich-Attitüde, mehr brauchte es nicht, um die «Füdlis» aus der Reserve zu locken. Die Polizei legte fleissig Akten über die paar Dutzend Jugendlichen an, die sich an den einschlägigen Orten rumtrieben; ab und an wurde einer verhaftet, weil er ein Bier zu viel hatte.
Schmunzeln muss man auch, wenn man sich vorstellt, wie Karlheinz Weinberger – gross, dünn und deutlich älter als die taffen Buben, die er ablichtete – sich mit der Kamera unter sie mischte, an der Riviera beim Bellevue, am Milchbuck, an der Chilbi. Und wie er sie manchmal in seine Wohnung an der Elisabethenstrasse 26 einlud, wo sie für ihn im improvisierten Fotostudio posierten.

Sie zogen den 1921 geborenen Zürcher magisch an, diese Kleinstadtrebellen und anderen Paradiesvögel, die am Rande des gesellschaftlich Möglichen flogen und manchmal darüber hinaus: die Schwulen, die Schausteller, die Biker. Irgendwann liess er sich Visitenkarten drucken, auf denen «Weinberger, Fotograf für das Ungewöhnliche» stand – der perfekte Wochenend-Ausweis für einen, der im gewöhnlichen Leben Lagerist war und sich den Umgang mit der Kamera selbst beigebracht hatte.
Die bisher grösste Weinberger-Ausstellung – deren Kosten von 18 000 Franken, sehr 2018, via Crowdfunding gedeckt worden sind – zeigt die Halbstarken, aber auch Bilder, die man weniger (die Sportler, die Rocker) oder noch gar nicht kennt (Fasnacht, Zirkus und v. a. die sexy Bilder für Schwulenheftli). Grandios!
Photobastei Sihlquai 125 Ausstellungseröffnung und Buchvernissage des 2. Bandes der im Zürcher Verlag Sturm & Drang erscheinenden Weinberger-Buchreihe, «Karlheinz Weinberger: Sports»: Do 18 Uhr Bis 23.12www.photobastei.ch
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