Paris ermittelt gegen afrikanische Freunde
Erstmals sind drei Potentaten aus Afrika und deren mutmassliche Raubgüter ins Visier der französischen Justiz geraten. Den Antrag stellte die Nichtregierungsorganisation Transparency International, die weltweit gegen Korruption kämpft.
Von Oliver Meiler, Marseille Sie fühlten sich immer gut geschützt, wohlig protegiert von der alten Kolonialmacht Frankreich – von der hohen Politik genauso wie von den Staatsanwaltschaften. Nun aber geraten die Clans von drei amtierenden afrikanischen Staatschefs, sogenannten Amis de la France, doch noch in die Mühlen der Justiz. Die oberste französische Gerichtsbarkeit, der Kassationshof, hat einer Klage von Transparency International stattgegeben, jener internationalen Nichtregierungsorganisation also, die sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat. Transparency International fordert eine genaue Ausleuchtung der exportierten Reichtümer und Gelder der Potentaten. In den unteren beiden Instanzen war sie mit dem Ansinnen abgeblitzt. Wie gehabt. Die nun eingeleitete Untersuchung ist darum eine brisante Premiere. Sie hat das Zeug zum Präzedenzfall und könnte auch in anderen Ländern ein Umdenken bewirken. Bei den drei Präsidenten handelt es sich um Ali Bongo (Gabun, 51 Jahre alt, an der Macht seit dem Tod seines Vaters Omar Bongo 2009), Denis Sassou Nguesso (Republik Kongo, 66, mit einer Unterbrechung seit 1979 Präsident) und Teodoro Obiang Nguema (Äquatorialguinea, 68, an der Macht seit 1979). Transparency International bezichtigt die Männer und ihre Familien, sie hätten ihre politische Macht missbraucht und auf unlautere Weise ihre Staaten ausgenommen, um mit öffentlichen Geldern und Subventionen ihren extravaganten privaten Lebenswandel zu finanzieren – im Westen, vor allem in Frankreich. Und da kommt offenbar einiges zusammen. Allein der Immobilienpark der drei Herrscher in Frankreich soll etwa 160 Millionen Euro wert sein. Es ist kaum wahrscheinlich, dass sich die Herren ihre teuren Residenzen mit redlichen Einkünften leisten konnten. Vorliebe für die Côte d'Azur Der Clan der Bongos hat über die Jahre 39 Wohnungen und Häuser gekauft in Frankreich. Eine besondere Vorliebe hat die Familie für den Süden des Landes. In Nizza besitzen die Söhne, Nichten und Cousins der Bongos drei stattliche Villen und zwei grosszügig bemessene Stadtwohnungen. Ein weiteres Apartment kaufte einer der Söhne des verstorbenen Patriarchen mit Checks von Gabuns Zentralbank in Aix-en-Provence – und dazu gleich noch 13 Garagen. Als Statussymbole scheinen Luxusautos denn auch noch immer einen unwiderstehlichen Appeal auszuüben. Auf alle drei Familien. Die Nguemas aus Äquatorialguinea, Herrscherdynastie eines Kleinststaats mit nur einer halben Million Einwohner, haben sich einen stattlichen Autopark zugelegt: drei Bugatti, einen Maybach, zwei Ferrari, zwei Maserati und einen Rolls-Royce Phantom. Die drei Bugatti sollen Spezialanfertigungen sein, je 1 Million Euro teuer. Die Nguessos aus dem Kongo fielen unlängst auf, als sie sich mitten im VIII. Arrondissement von Paris, zwischen den Champs-Elysées und der Plaine Monceau, ein Herrschaftshaus für 19 Millionen Euro erstanden – und das über eine Immobiliengesellschaft, an der auch zwei Kinder des Präsidenten von Gabun teilhaben – beide noch Teenager. Bongos Ehefrau, muss man dazu wissen, ist eine Tochter des kongolesischen Präsidenten. Interessant ist dieses Inventar mutmasslicher Raubgüter deshalb, weil es von der französischen Polizei erstellt wurde: 2007 war die Finanzbrigade bei Ermittlungen über grosse Finanzdelikte auf die Besitztümer gestossen. Und zwar ganz einfach: Zu ihrem Erstaunen fand sie fast alle Luxusimmobilien im Telefonbuch. Die «Freunde» aus Afrika versuchten gar nicht erst, ihre Identität zu verhüllen. So sicher fühlten sie sich. Nichts zu befürchten «Le Monde» erhielt damals eine Kopie der Liste zugespielt und publizierte sie. Nur: Die Justiz mochte die Erkenntnisse nicht für eine Untersuchung nutzen. Der Pariser Oberstaatsanwalt, der dem Elysée nahestehen soll, archivierte das Dossier. Auch das Appellationsgericht verwehrte Transparency International eine Ermittlung. Zulässig seien einzig Klagen aus den betroffenen Ländern und nicht von Vereinigungen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger gegen ihre autokratischen Herrscher klagen, ist nun einmal sehr klein. Das Pariser Kassationsgericht fand aber, Transparency International, die ja gegen Korruption ankämpfe, werde in ihrer Arbeit behindert von korrupten Potentaten und könne deshalb als Kläger auftreten. Käme es dereinst zum Prozess, müssten die Staatschefs selber kaum etwas befürchten: Sie geniessen Amtsimmunität. Ihre Clans aber schon – zumindest theoretisch. Darum irritiert dieser Justizbescheid die Sprösslinge der Herrscher, die es sich gut ergehen lassen an der Côte d'Azur und in Paris. Und er irritiert auch Frankreichs Aussenpolitiker, die ihre nicht eben demokratischen Freunde aus dem an Rohstoffen reichen Afrika gerne bei Laune halten würden. Kommentar Seite 2 Ali Bongo Ondimba, Präsident von Gabun.Foto: Keystone Teodoro Obiang Nguema, Präsident von Äquatorialguinea.Foto: Reuters Denis Sassou Nguesso, Präsident der Republik Kongo.Foto: Reuters
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