Parmelins Kampfbomber stossen auf Widerstand
Der Verteidigungsminister sieht sich mit kritischen Fragen zu seinen Rüstungsplänen konfrontiert.

Eigentlich wollte Guy Parmelin der Öffentlichkeit gestern Mittwoch präsentieren, welche Rüstungsgüter er 2017 für die Armee beschaffen will. Doch der Medienauftritt platzte, weil der Verteidigungsminister es vorerst nicht schaffte, seine sechs Bundesratskollegen von seiner 990 Millionen Franken schweren Einkaufsliste zu überzeugen. Der Bundesrat, teilte die Bundeskanzlei nach der Sitzung mit, werde sich noch einmal mit der sogenannten Armeebotschaft 2017 befassen müssen. Weitere Erläuterungen zu der unerwarteten Verzögerung gab es auf offiziellem Wege nicht.
Wie Recherchen jetzt zeigen, löst Parmelins Einkaufsliste aber in mehreren anderen Departementen Irritationen und Kritik aus – und nicht bloss in den traditionell militärkritischen SP-Departementen. Neben Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) haben auch Bundespräsidentin Doris Leuthard (CVP) und sogar Parmelins SVP-Kollege Ueli Maurer zum Rüstungspogramm kritische Mitberichte eingereicht.
Wechselt Parmelin die Doktrin?
Leuthard und Sommaruga nehmen besonders zwei Elemente aus Parmelins Rüstungsprogramm aufs Korn:
Die Kampfbomber: Parmelin will die Einsatzdauer seiner 30 F/A-18-Jets mit einer 490 Millionen Franken teuren Nachrüstung um mindestens fünf Jahre verlängern. Diese Nutzungsdauerverlängerung ist bisher kaum bestritten. Für Diskussionen sorgt jedoch, dass Parmelin im gleichen Zug einen Teil der Jets so nachrüsten will, das sie auch Lenkbomben einsetzen können. Damit würde die Luftwaffe die Erdkampffähigkeit zurückgewinnen, die sie 1994 verloren hat. Dem Vernehmen nach macht Leuthard aber geltend, die Aufrüstung der F/A-18 zum Kampfbomber bedeute einen Doktrinwechsel, den man grundsätzlicher diskutieren müsse.
Die Cybersicherheit: Der neue Sicherheitspolitische Bericht, den der Bundesrat im August 2016 verabschiedet hat, weist darauf hin, dass die Bedrohungen aus dem Cyberraum immer grösser werden. Entsprechend irritiert zeigt sich Sommaruga, dass Parmelins Rüstungsprogramm auf konventionelle Bedrohungen fokussiert und die Cybersicherheit weitgehend ausblendet.
Der zweitgrösste Ausgabenposten neben der F/A-18-Nachrüstung ist für Munition bestimmt. Nicht weniger als 265 Millionen Franken will das Verteidigungsdepartement (VBS) dafür ausgeben. Konkret beantragt Parmelin 150 Millionen für Patronen für die schweren 12,7-mm-Maschinengewehre, 55 Millionen für Sturmgewehrmunition und 50 Millionen für sogenannte Pfeilpatronen für die Leopard-Kampfpanzer.
Das VBS begründet diese Munitionskäufe mit Nachholbedarf. Seit der Jahrtausendwende seien die Munitionsbestände laufend reduziert werden. Nun seien die Reserven schlicht zu klein geworden. In anderen Departementen hält man diese Erklärungen aber zumindest bis auf weiteres für ungenügend. So viel Kriegsmunition zu kaufen, sei «absurd», heisst es in einem bürgerlichen Departement. Ob einer der anderen Bundesräte formell gegen die Munitionskäufe interveniert hat, ist jedoch unklar.
Weitere Ausgabenposten sind für das Integrierte Funkaufklärungs- und Sendesystem sowie für ein VBS-Rechenzentrum bestimmt. Ursprünglich wollte das VBS 2017 das neue Raketenabwehrsystem Bodluv beschaffen. Nachdem Parmelin dieses Projekt im März 2016 gestoppt hatte, musste sein Departement kurzfristig andere Projekte vorziehen.
Unter besonderer Beobachtung
Diese Umstände erklären, warum die anderen Departemente dieses Jahr dem VBS beim Rüstungsprogramm besonders gut auf die Finger schauen. Parmelin muss den Verdacht entkräften, dass er die Rüstungsgüter – insbesondere das Munitionspaket – nicht nur deshalb kaufen will, weil er in seinem Departement möglicherweise keine anderen beschaffungsreifen Projekte gefunden hat.
Selbst Ueli Maurer (SVP) meldet erneut schriftlich Kritik an einem Bundesratsgeschäft seines Parteikollegen an – so wie schon im November 2016, als er gegen die Verlängerung des Swisscoy-Einsatzes in Kosovo intervenierte. Diesmal ist Maurers Kritik dem Vernehmen nach aber nicht inhaltlicher Natur. Seine Finanzfachleute kritisieren, dass Parmelins Fachleute mit falschen Wechselkursen gerechnet hätten.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch