Christine Lambrecht wirft hinPeinliches Video, Probleme in der Bundeswehr – Deutsche Verteidigungsministerin tritt zurück
Jetzt wurde der Druck zu gross: Christine Lambrecht gibt nach monatelanger Kritik ihren Posten als Verteidigungsministerin ab. Jetzt läuft die Nachfolge-Debatte.

Deutschlands Verteidigungsministerin Christine Lambrecht tritt zurück. Sie habe Kanzler Olaf Scholz um Entlassung gebeten, hiess in einer Erklärung der Ministerin, die der Deutschen Presse-Agentur am Montag aus dem Verteidigungsministerium vorlag.
«Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu», schreibt Lambrecht demnach.
«Die wertvolle Arbeit der Soldatinnen und Soldaten und der vielen motivierten Menschen im Geschäftsbereich muss im Vordergrund stehen. Ich habe mich deshalb entschieden, mein Amt zur Verfügung zu stellen.» Sie danke allen, «die sich jeden Tag für unsere Sicherheit engagieren und wünsche ihnen von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft.»
Bereits am Freitagabend hatten mehrere Medien übereinstimmend berichtet, Lambrecht stehe vor einem Rückzug von ihrem Ministerposten. Die 57-Jährige steht seit Monaten in der Kritik, die oppositionelle Union forderte wiederholt ihren Rücktritt. Kritiker warfen ihr etwa die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr und fehlende Sachkenntnis vor, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit wurde immer wieder bemängelt. Negativschlagzeilen machte ein Foto ihres Sohnes auf Mitreise in einem Bundeswehrhelikopter. Jüngst sorgte Lambrecht für Irritationen mit einer auf Instagram verbreiteten Neujahrsbotschaft, in der sie begleitet von Silvesterfeuerwerk über den Ukraine-Krieg sprach.
Mitte Dezember hatte Scholz seine Verteidigungsministerin noch gegen Kritik in Schutz genommen. «Die Bundeswehr hat eine erstklassige Verteidigungsministerin», sagte Scholz damals der «Süddeutschen Zeitung». «Über manche Kritik kann ich mich nur wundern.»
Nachfolge-Debatte
Unterdessen gibt es bereits eine breite Debatte über die mögliche Nachfolge für den Posten, der wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nochmals an Bedeutung gewonnen hat. Als mögliche sozialdemokratische Anwärter für den wichtigen Posten werden Parteichef Lars Klingbeil und Arbeitsminister Hubertus Heil gehandelt, aber auch die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl.
Verschiedene Stimmen riefen nach einem politischen Schwergewicht auf dem Posten. «Die Verteidigungspolitik ist für Deutschland inzwischen existenziell geworden; das ist kein politisches Nebenthema mehr», sagte der ehemalige Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montag). «Daran sollte sich die Entscheidung über die Nachfolge ausrichten. Der Kanzler braucht jemanden mit grossem politischem Kampfgewicht.»
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, forderte in der «Bild»-Zeitung eine Person, die «über Parteigrenzen hinweg vermittelbar» ist und «das grosse Ganze» versteht. Ausserdem sollte der oder die Neue «integrieren können, kaltstartfähig, sachkundig, reformwillig und durchsetzungsfähig sein». Wüstner fügte hinzu: «Niemand erwartet, dass in den ersten Wochen gezaubert wird, aber eine Botschaft des Aufbruchs wäre wichtiger denn je.»
Die Nachfolge von Lambrecht bleibt vorerst jedoch noch offen. Am Montag werde es noch keine Entscheidung über eine Neubesetzung des Verteidigungsressorts geben, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen.
Zweiter Rücktritt seit Start der Ampel-Regierung
Lambrecht hatte mit dem Start der Ampel-Regierung Ende 2021 das Verteidigungsministerium übernommen. Zuvor war sie im letzten Kabinett von Angela Merkel Justizministerin gewesen, nach dem Rücktritt von Franziska Giffey hatte sie zusätzlich das Familienministerium geführt.
Lambrecht ist bereits die zweite Ministerin, die seit dem Start der Ampel-Regierung ihr Amt wieder abgibt. Im vergangenen Jahr war die Grünen-Politikerin Anne Spiegel als Familienministerin zurückgetreten – wegen ihrer Rolle als rheinland-pfälzische Umweltministerin während der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021.
SDA/aru
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