Auffrischung des Corona-SchutzesPfizer-Chef hält dritte Impfung für nötig
Biontech und Moderna rechnen wegen der Mutationen ebenfalls mit Auffrischungs-Impfungen. Die Schweiz hat dafür bereits vorgesorgt. Experten erwarten künftig eine längere Haltbarkeit

Der Chef des US-Pharmakonzerns Pfizer, Albert Bourla, sagte dem Sender CNBC, dass voraussichtlich eine dritte Immunisierung innerhalb von zwölf Monaten notwendig sei. Und von da an werde es jedes Jahr wieder eine Impfung geben. Aber all das bedürfe noch einer Bestätigung. «Die Varianten spielen dabei eine wichtige Rolle», fügte Bourla hinzu. Es sei entscheidend, die Zahl der Menschen, die sich mit dem Virus infizierten, so weit wie möglich zu reduzieren.
Zuvor hatte David Kessler, der Direktor der Anti-Covid-Gruppe der Biden-Administration, gesagt, dass eine Auffrischung des Impfstoffs nötig sein könnte, um Personen gegen Corona-Varianten zu schützen. «Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles», räumte er bei einer Anhörung vor US-Gesetzgebern ein. «Wir untersuchen die Dauer der Antikörperreaktion. Diese scheint stark zu sein, geht aber leicht zurück. Die Varianten sind eine Herausforderung.»
Biontech-Chef: Auffrischung alle 2 Jahre
Pfizer hat seinen Impfstoff mit dem deutschen Unternehmen Biontech entwickelt, welches bereits an möglichen Impfstoffanpassungen für die Virus-Mutationen arbeitet. Gründer und CEO Ugur Sahin hält Auffrischungs-Impfungen, sogenannte Booster-Shots, ebenfalls für wahrscheinlich, wie er im Februar im Spiegel-Interview sagte, aber nicht jährlich: «Etwa alle zwei Jahre könnte es eine Auffrischungsimpfung geben, angepasst an die Varianten, die dann gerade unterwegs sind. Ähnlich wie bei der Grippe. Das könnte für uns dann die neue Normalität sein.»

Sahin untersucht aber auch, ob es womöglich gar keine Anpassung der Impfung benötigt, um gegen die Mutationen geschützt zu sein. Personen, die schon eine Covid-19-Infektion hatten und dann eine erste Impfung erhalten, entwickelten eine enorme Menge an Antikörpern, sagt Sahin. «Das erwarten wir auch durch eine dritte Booster-Impfung. Ich habe die Hoffnung, dass so ein sehr hoher Antikörper-Titer auch besser gegen neue Varianten wirken könnte, die einer schwächeren Immunantwort teilweise entkommen. Das könnte die Bekämpfung neu entstehender Varianten deutlich beschleunigen, es wäre viel schneller, als den Impfstoff jedes Mal an eine neue Variante anzupassen.»
«Geimpfte könnten über Jahre vor einem schweren Verlauf geschützt sein, aber irgendwann nicht mehr vor einer leichten Erkrankung.»
Der Biontech-Chef erklärt zudem, wozu weitere Impfungen nach derzeitigem Stand notwendig werden könnten. «Wir wissen, dass die Antikörper ab dem sechsten Monat nach der Impfung langsam zurückgehen», sagt Sahin. Wichtiger seien aber die sogennanten T-Gedächtniszellen, welche durch Impfstoffe entwickelt werden. «Diese bieten zusätzlichen, wahrscheinlich länger andauernden Schutz. Mutanten können der Erkennung durch T-Zellen schlecht ausweichen, sodass Geimpfte über Jahre vor einem schweren Verlauf geschützt sein könnten, aber irgendwann nicht mehr vor einer leichten Erkrankung.»
Moderna: Booster-Shot im Herbst
Auch Moderna plant eine Auffrischungsimpfung auf den Markt zu bringen. Wie CEO Stephane Bancel am Mittwoch zu CNBC sagte, hofft er, dass damit bereits im Herbst für die nächste Wintersaison geimpft werden kann. Die dritte Impfdosis werde seit letztem Monat von der nationalen Gesundheitsbehörde getestet und soll den Schutz gegen Mutationen verbessern.

Das Coronavirus werde nicht einfach verschwinden oder den Planeten verlassen, erklärte Bancel und er erwarte, dass man im Verlauf des nächsten Jahres viele neue Varianten sehen werde. «Aber wenn sich immer mehr Menschen impfen lassen oder sich auf natürliche Weise infizieren, wird sich das Tempo der Mutationen verlangsamen und das Virus wird sich stabilisieren, wie man es bei der Grippe sieht», sagte er.
Das Ziel von Moderna sei, eine Art Zwei-in-Eins-Impfstoff anbieten zu können, der gegen die saisonale Grippe und Covid schützt. Bancel hofft, dass dies auch die Wirksamkeit der Grippe-Impfung verbessern könnte, diese liege derzeit nur bei 40 bis 60 Prozent. Tags zuvor wurde bekannt, dass die Moderna-Impfung auch sechs Monate nach der zweiten Impfung immer noch eine Effektivität von über 90 Prozent aufweise. Die Wirksamkeit gegen einen schweren Covid-Verlauf nach einem halben Jahr liege zudem bei 95 Prozent.
Die für die Zulassung zuständige Behörde FDA hat bereits in Aussicht gestellt, dass es für allfällige Booster-Shots keine monatelange klinische Tests und verschiedene Studienphasen benötige. Das wird bereits bei der Grippe-Impfung so gehandhabt, damit diese überhaupt jährlich an die zirkulierenden Stämme angepasst werden kann.
Drosten erwartet längere Haltbarkeit
Der deutsche Coronavirus-Experte Christian Drosten hat sich in einer Studie ebenfalls mit Auffrischungsimpfungen beschäftigt. Er sagt, dass es wohl vorerst noch ein Update benötige. Sobald die Pandemie aber weltweit im Griff sei, brauche es nicht mehr zwingend eine jährliche Auffrischung für alle, sondern nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen. «Nach einigen Jahren ist eine längere Haltbarkeit der Impfstoffe zu erwarten.»
Drosten führt dazu ermutigende Erkenntnisse aus verschiedenen Studien aus: So bilde Sars-CoV-2-Virus weltweit meist die gleichen Gruppen von Mutationen, unabhängig voneinander. Zudem verändere sich das Coronavirus rund viermal langsamer als Grippeviren. Sobald ein Grossteil der Menschen genesen oder geimpft sei, werde sich dies sogar nochmals verlangsamen. Die Impfstoffe schützen dann längerfristig.
Schweiz hat schon weitere Impfdosen bestellt
Die Schweiz hat im Hinblick auf mögliche Auffrischungsimpfungen bereits vorgesorgt. Schon im Februar hat das BAG bei Moderna zusätzliche 6 Millionen Impfdosen bestellt, welche ab Mitte 2021 ausgeliefert werden können. Der Vertrag ermöglicht zudem, einen Teil der Lieferungen dem Bedarf anzupassen und erst in der ersten Jahreshälfte 2022 zu beziehen.
Von Moderna, welche den Impfstoff zum Teil auch bei Lonza im Wallis produziert, hat die Schweiz bisher am meisten Impfdosen bestellt, insgesamt 13,5 Millionen. Der Grossteil davon ist für die Durchimpfung der Bevölkerung bis im Sommer gedacht (Mehr zum Thema: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen). Dazu kommen 6 Millionen Dosen von Pfizer/Biontech, welche alle im ersten Halbjahr 2021 erwartet werden. Von AstraZeneca hat die Schweiz rund 5,3 Millionen Impfdosen bestellt, der Impfstoff ist bisher aber nicht zugelassen und wird gemäss BAG womöglich gar nicht mehr zur Anwendung kommen.

Weitere 5 Millionen Dosen wurden vom Tübinger Hersteller Curevac bestellt. Es handelt sich wie bei Biontech und Moderna um einen mRNA-Impfstoff. Dieser soll offenbar einen vollständigen Schutz vor einer tödlichen Infektion durch die in Südafrika verbreitete Virusvariante B.1.351 bieten. Die Studienergebnisse werden Ende Mai oder Anfang Juni erwartet, danach wird Swissmedic über eine Zulassung für die Schweiz entscheiden.
Weitere 6 Millionen Dosen sind vom US-Unternehmen Novavax geordert, deren «rekombinanter Nanopartikel-Impfstoff» aber noch nicht zugelassen ist. In den USA könnte dies im Mai erfolgen, aber selbst dann gibt es noch Unsicherheiten bezüglich Auslieferung, denn Novavax gilt auch in der EU als Hoffnungsträger und das Pharmaunternehmen meldete bereits Verzögerungen bei der Produktion. Man werde erst im zweiten Halbjahr die beabsichtigten Liefermengen erreichen.
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