Pierin Vincenz' Spesengebaren unter der Lupe
Der von Raiffeisen eingesetzte Chef-Untersucher Bruno Gehrig ist offenbar auf eine Vielzahl unklarer Spesenabrechnungen des früheren Bankchefs gestossen.

In gut einer Woche, am 16. Juni anlässlich der Delegiertenversammlung in Lugano, will die Spitze von Raiffeisen Schweiz erste Einblicke geben in die von ihr auf den Weg gebrachte interne Untersuchung über Vorgänge während der Zeit, als Pierin Vincenz die Bank führte. Seit Mitte April sind der frühere Swiss-Life-Präsident Bruno Gehrig als unabhängiger «Lead Investigator» und ein Team der Wirtschaftskanzlei Homburger damit beschäftigt, sämtliche gut 100 Beteiligungskäufe von Raiffeisen zwischen 2005 und 2015 daraufhin zu überprüfen, ob es bei ihrer Anbahnung und Umsetzung zu Unregelmässigkeiten gekommen ist.
Offenbar scheint Gehrig fündig geworden zu sein – wenngleich in einer ganz anderen «Schublade». Wie der Finanzblog «Inside Paradeplatz» berichtete, ist der Chef-Untersucher auf eine «grosse Anzahl unklarer Spesen» gestossen. Die Menge und die Beträge der von Vincenz abgerechneten Spesen seien derart gross, dass Raiffeisen die Zürcher Staatsanwaltschaft darüber informiert habe, wie es im Blog unter Berufung auf einen Insider heisst. Raiffeisen nahm dazu keine Stellung.
Offen bleibt somit die Frage, wie es sein konnte, dass diese ungewöhnlich hohen Spesenbeträge von der Finanzabteilung der Bank jahrelang anstandslos zur Kenntnis genommen und verbucht wurden. Erst jetzt, unter dem Eindruck der internen und externen Untersuchungen, erwägt Raiffeisen offenbar eine Klage auf Schadenersatz gegen ihren früheren Chef, der seit Ende Februar in Untersuchungshaft sitzt.
Auch Aduno untersucht Spesengebaren
Vincenz' Spesengebaren – es geht dabei um einzelne Rechnungen von mehr als 1000 Franken – war bereits Gegenstand des Enforcement-Verfahrens, mit dem die Finanzmarktaufsicht Finma im vergangenen Jahr die Revisionsfirma Deloitte beauftragt hatte. Im Zentrum dieses Verfahrens stehen aber ebenfalls von Raiffeisen getätigte Übernahmen und mögliche Interessenkonflikte von Vincenz sowie Fragen der guten Unternehmensführung (Corporate Governance). Der Abschlussbericht der Finma hierzu steht noch aus.
Für die Zürcher Staatsanwälte könnte die Analyse der von Vincenz abgerechneten Spesen Rückschlüsse auf dessen Reiseverhalten erlauben, wie «Inside Paradeplatz» insinuierte. Dadurch wäre es unter Umständen möglich, jene Orte, wo die Spesen angefallen sind, mit den mutmasslichen Straftaten des früheren Raiffeisen-Chefs zu verknüpfen. Das Augenmerk soll sich dabei insbesondere auf Zahlungen zwischen Vincenz und seinem Geschäftspartner Beat Stocker in Zusammenhang mit Firmentransaktionen von Raiffeisen und der Kreditkartenfirma Aduno richten. An Letzerer hält die Genossenschaftsbank eine 25-Prozent-Beteiligung, und bis zum Sommer 2016 amtete Vincenz als Aduno-Verwaltungsratspräsident.
Da verwundert es wenig, dass auch Aduno derzeit die Spesenabrechnungen von Vincenz untersuchen lässt. Dies bestätigte ein Firmensprecher. Das Zürcher Unternehmen hatte bereits im November 2017 die Anwaltskanzlei Baumgartner Mächler damit betraut, gewisse von ihm getätigte Übernahmen in der Ära Vincenz einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Die dabei zutage geförderten Ungereimtheiten veranlassten Aduno im Dezember, Strafanzeige gegen Vincenz zu erstatten. Dessen Spesenrechnungen erregten erst später die Aufmerksamkeit der mit der Untersuchung betrauten Anwälte.
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