«Politik darf ruhig ein bisschen emotional sein»
Natalie Rickli ist der Star der Zürcher SVP und will für die Partei den Sitz des abtretenden Markus Kägi verteidigen. Sie glaubt, Zürich könne auch ohne Personenfreizügigkeit gedeihen.

Frau Rickli, mit welchem Thema gewinnt man im Kanton Zürich Wahlen?
Das eine, grosse Thema gibt es nicht. Mein Wahlkampf steht unter dem Titel «Sicherheit». Dazu gehört die Sicherheit im öffentlichen Raum, dazu gehören auch Bedrohungen wie Gewalt gegen Beamte, häusliche Gewalt oder Terrorismus. Letztlich berührt das Thema Sicherheit aber alle Direktionen. Es geht dabei ja auch um sichere Infrastrukturen, eine sichere Energieversorgung, ein zuverlässiges Gesundheitswesen, Rechtssicherheit und soziale Sicherheit.
Was die Sicherheit im engeren Sinn betrifft, kümmern sich in Zürich hauptsächlich die Justiz- und die Sicherheitsdirektion darum. Beide werden von Sozialdemokraten geführt, von Jacqueline und Mario Fehr. Was würden Sie anders machen?
Die Kantonspolizei ist gut aufgestellt. Da würde ich nicht viel ändern. Was die häusliche Gewalt betrifft, unterstütze ich die Gewaltschutzprogramme. Ich bin aber auch der Meinung, dass die Täter bestraft werden müssen. Heute steht ein Täter, der seine Frau oder seine Kinder schlägt, besser da als jemand, der gegenüber «Unbekannten» gewalttätig geworden ist. In der Migrationspolitik gibt es weitere Missstände: Jüngst wurde bekannt, dass allein in Zürich pro Jahr 90 Ehen mit Minderjährigen legalisiert wurden. Das schockiert mich. Solche Ehen dürfen in Zukunft nicht mehr anerkannt werden.
Das kann aber nicht der Regierungsrat ändern. Da geht es um Bundesrecht.
Der Regierungsrat kann sich beim Bund für ein Verbot der Anerkennung einsetzen. Und das sollte er tun.
Ihre Partei ruft regelmässig nach einer strengeren Ausländerpolitik. Sind Sie diesbezüglich auch mit dem Kanton Zürich unzufrieden?
Der Kanton meistert die Herausforderungen der Migrationspolitik insgesamt recht gut. Es gibt aber Optimierungspotenzial, etwa bei der Integration und bei den Ausschaffungen. Zudem ist die Regierung allzu entspannt, was die Zukunft angeht. Das prognostizierte Bevölkerungswachstum um 325'000 Leute bis 2040 bereitet mir Sorgen. Das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative kam nicht von ungefähr.
Ihre Partei will per Initiative die Personenfreizügigkeit kündigen. Sie selbst sitzen im Komitee. Ist das der Ausweg?
Ich bin dafür, dass wir mit der EU verhandeln – mit dem Ziel, dass die Schweiz die Zuwanderung wieder autonom steuert. Der Bundesrat hat bei der «Umsetzung» der Masseneinwanderungsinitiative keine gute Arbeit geleistet. Ich bin der Meinung, dass sich eine bessere Lösung finden lässt, schliesslich hat die Schweiz ja auch einiges, das sie in die Waagschale legen kann. Ich bin für die bilateralen Verträge, die meisten laufen gut. Wir haben aber ein Problem mit der Personenfreizügigkeit.
Welche Folgen hätte es für den Kanton Zürich, wenn die Schweiz das Personenfreizügigkeitsabkommen kündigen würde?
Es wird im Moment nichts gekündigt. Die erste Priorität der Initiative sind Verhandlungen.

Aber es heisst in der Initiative, dass bei einem Scheitern der Verhandlungen das Abkommen gekündigt werden müsse. Und die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns ist gross. Daher müssen wir über die Folgen für Zürich reden.
Zürich würde das meistern. Klar ist, dass unsere Wirtschaft bestimmte Fachkräfte braucht. Diese werden weiterhin kommen können. Heute ist es im Kanton Zürich aber so, dass nur die Hälfte der Zuwanderer wegen der Erwerbstätigkeit kommt und viele nicht in Mangelberufen arbeiten, sondern beispielsweise bei der öffentlichen Hand.
Während die Zürcher Regierung den Steuer/AHV-Deal befürwortet, lehnen Sie ihn ab. Weshalb liegt die Zürcher Regierung falsch?
Die Zürcher Regierung liegt nicht falsch, sie hat aber einen anderen Fokus als ich. Zürich braucht den Steuerteil der Vorlage, weshalb die Regierung das Gesamtpaket akzeptiert. Auch ich befürworte den Steuerteil, doch als Nationalrätin muss mein Fokus dem Ganzen gelten. Ich finde die Verknüpfung mit der AHV ein Unding und lehne den Deal aus staatspolitischen Gründen ab. Als Nächstes werden Kampfjet und Vaterschaftsurlaub verknüpft.

Als Regierungsrätin würden Sie folglich den Fokus ändern und den Deal mittragen?
Ja, als Mitglied einer Kollegialbehörde würde ich das tun.
Sie gelten als linientreue SVP-Politikerin. In der Frage des Waffenexports in Bürgerkriegsländer sind Sie aber ausgeschert. Da haben Sie als einzige SVP-Vertreterin mit der Ratslinken gestimmt. Warum?
Weil ich die Ausdehnung der Exporte auf Bürgerkriegsländer neutralitätspolitisch falsch finde. Und es missfällt mir, wenn wir Waffen an Länder liefern, welche die Menschenrechte verletzen.
Ständeratskandidat Roger Köppel schiesst scharf gegen die anderen bürgerlichen Parteien. Sie bemühen sich derweil auffällig um ein gutes Einvernehmen im bürgerlichen Lager . . . Das wirkt etwas kakofonisch.
Eine Regierungsratswahl ist etwas anderes als eine Kampfwahl um einen Ständeratssitz – logisch, dass man da verschiedene Wahlkämpfe führt. Was die Regierungsratswahl betrifft: Da sind wir fünf Bürgerlichen ein Superteam. Natürlich haben wir punktuell unterschiedliche Ansichten. Aber wir wollen uns zusammen für den Kanton Zürich einsetzen. Und ganz generell: Politik darf ruhig ein bisschen emotional sein. Der politische Gegner kann sich ja wehren, wenn er angegriffen wird.
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