Politiker geraten häufiger unter Beschuss
Parlamentarier und Bundesangestellte meldeten im vergangenen Jahr 726 Drohungen – in jedem zehnten Fall wurde die Bundespolizei aktiv.

Wildfremde Menschen hätten sie beschimpft, angespuckt oder ihr das Bein gestellt. Manchmal fühlte sich die zurückgetretene Zürcher Stadträtin Claudia Nielsen (SP) «physisch bedroht», wie sie am Mittwoch in der NZZ sagte. Schon in der Vorwoche war auch Mario Fehr (SP) wegen einer Pöbelei in die Schlagzeilen geraten. Der Zürcher Sicherheitsdirektor zog alle Register, um eine Bierdusche gegen ihn aufzuklären.
Publik werden solche Vorfälle selten, betroffene Politiker sprechen aus Angst vor Nachahmern kaum offen darüber. Wie oft sie terrorisiert werden, zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Polizei (Fedpol). 726 Meldungen gingen letztes Jahr von nationalen Parlamentariern und Bundesangestellten ein, weil sie eine Drohung erhielten.
Verhaftungen, um Taten zu verhindern
«In den meisten Fällen handelt es sich um Unmutsäusserungen. Von Leuten, die einfach nur Dampf ablassen wollen», sagt Lulzana Musliu vom Fedpol. Problematisch werde es, wenn sich die Absender in etwas hineinsteigern. «Wir beobachten oft, dass die gleiche Person immer wieder droht, der Ton aber zunehmend ernster wird.» Anfangs gehe es um generelle Unzufriedenheit mit einem Politiker. «Aber später sind es direkte Drohungen: Wenn du das nicht so machst, stehe ich morgen vor deiner Tür», erzählt Musliu.
Die Bundespolizei geht in zehn Prozent aller Fälle von einer ernsthaften Bedrohung aus. Dann informiert sie die dafür zuständige Kantonspolizei. Die Beamten gehen vor Ort vorbei, führen eine persönliche Gefährderansprache durch. In besonders schweren Fällen kommt es direkt zu einer Verhaftung, um die Tat zu verhindern.
Deutlich mehr Meldungen seit Twitter und Facebook
Es gibt Klassiker, um die sich die Bundespolizisten immer wieder kümmern. Besonders viele Drohungen gingen in den letzten Jahren wegen Flüchtlingsthemen oder der Europapolitik ein. Auch während Abstimmungen und Wahlen häufen sich gemäss Fedpol die Vorfälle. Sprecherin Musliu: «Im letzten Jahr haben wir alle Departemente für das Bedrohungsmanagement sensibilisiert, auch die Parlamentarier werden laufend geschult. Denn wir erfahren nur von den Drohungen, wenn sich die Betroffenen konsequent melden.»
Auf den ersten Blick scheinen sie dies nicht zu tun. 726 Meldungen sind deutlich weniger als im Vorjahr, als noch 1691 Fälle registriert wurden. Der aktuelle Rückgang liegt aber nur an einer neuen Erfassungsmethode: Droht die gleiche Person mehrmals am selben Tag, gilt dies nur noch als ein Fall. «Wenn man diese neue Zählweise berücksichtigt, ist die Tendenz gleich geblieben», sagt Musliu. «Wir verzeichnen nach wie vor sehr viele Meldungen zu Drohungen, deutlich mehr als früher.»
Ein Grund dafür sei das Internet,das dank Mails und sozialen Medien neue Möglichkeiten bietet. «Ein E-Mail ist schnell geschrieben», sagt Musliu. Wie oft die Täter ihre Absichten dann aber auch in die Tat umsetzen, ist statistisch nicht erfasst.
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