Private sollen Flüchtlinge sponsern
Die Schweiz soll mehr besonders verletzliche Flüchtlinge aufnehmen – dank privater Hilfe. Diese Idee der Denkfabrik Foraus ist umstritten.

Es ist nichts Geringeres als die «Lösung für das Schweizer Asyl-Dilemma», welche die selbst ernannte Denkfabrik zur Schweizer Aussenpolitik Foraus heute Morgen präsentiert hat. Kern des Vorschlags bildet die sogenannte Swiss Refugee Partnership, ein neues Zulassungsmodell für Resettlement-Flüchtlinge, das laut seinen Promotoren auf das Dilemma zwischen politischer Abwehrreflexe und humanitärer Solidarität reagiert.
Privatpersonen, aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen wie NGO oder Vereine sollen die Aufnahme besonders verletzlicher Menschen wie etwa Frauen, Kinder, Betagte und Behinderte in Zukunft mehr als bislang mitgestalten können, indem sie finanzielle Verantwortung übernehmen und verstärkt Unterstützung bei der Integration dieser Menschen leisten. Als Vorbild dient Kanada, das seit mehr als 40 Jahren ein privat finanziertes Aufnahmeprogramm für Resettlement-Flüchtlinge kennt.
Integration beschleunigen, Asylpolitik stärken
So kämen jene, die Schutz brauchen, dorthin, «wo sie auf Offenheit und Unterstützung zählen können», heisst es im Bericht von Foraus. Die Schweiz verfüge über eine engagierte Zivilgesellschaft mit einer hohen Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit. Dieses Potenzial werde noch zu wenig genutzt und gefördert, zeigt sich die Denkfabrik überzeugt. Durch die bessere lokale Verankerung und persönliche Begleitung werde die Integration der Geflüchteten beschleunigt. Die Denkfabrik will so letztlich die Legitimität der Schweizer Asylpolitik stärken.
Basis soll ein Partnerschaftsvertrag bilden, den die Privatpersonen mit dem geflüchteten Menschen abschliessen werden. Dabei sollen drei bis acht Privatpersonen einen Geflüchteten betreuen. Foraus erhofft sich so, dass eine adäquate Betreuung gewährleistet ist und einer etwaigen Überforderung einzelner Betreuer präventiv der Boden entzogen wird. Das neue Instrument soll die bestehende Asylpolitik ergänzen – und nicht zu einer Auslagerung von staatlichen Aufgaben an Private führen, wie die Denkfabrik betont.
Bis zu 10'000 Flüchtlinge pro Jahr
Die Zulassungskriterien für die Geflüchteten sollen gleich bleiben wie heute. Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) wählt besonders verletzliche Personen aus und übermittelt deren Dossiers den Schweizer Behörden, welche die Resettlement-Anträge auf Asylausschlussgründe hin als auch nachrichtendienstlich prüfen. Geben sie grünes Licht, könnten diese Menschen ohne langen Fluchtweg in die Schweiz einreisen und dürfen sich hier niederlassen. Sie erhalten direkt den Flüchtlingsstatus und Asyl.
Die Schweiz betreibt seit 2013 wieder eine eigene Resettlement-Politik. Seither hat der Bundesrat mehrere Kontingente beschlossen, zuletzt im Dezember 2016 durch die Aufnahme von 2000 Opfern des Syrienkonflikts. Heuer will er weitere 800 direkt in die Schweiz bringen lassen. Nichtregierungsorganisationen und linke Parlamentarier fordern, die Schweiz müsse pro Jahr bis zu mindestens 10'000 Resettlement-Flüchtlinge aufnehmen. Die SVP auf der Gegenseite will gar keine. Und so erstaunt es nicht, dass auch der neue Vorschlag von Foraus in der Rechtspartei durchfällt. «Solange die Schweiz Zigtausende Wirtschaftsflüchtlinge aus sicheren Staaten nicht zurücksenden kann oder will, dürfen auch keine weiteren Flüchtlinge direkt eingeflogen werden», sagt SVP-Nationalrat Andreas Glarner.
«Aktuelle Asylpolitik im Volk genügend verankert»
Ähnlich tönt es in der FDP und CVP, ohne die es im Parlament keine Mehrheit für das neue Modell geben wird. FDP-Ständerat Philipp Müller bezeichnet die Idee als «baren Unsinn», der die Realitäten verkenne. Er verweist auf Deutschland, wo die Idee schon im Ansatz gescheitert sei. «Es ist vorhersehbar, dass Private, die solche Resettlement-Flüchtlinge aufnehmen und wohl auch finanzieren, sehr rasch von der Realität eingeholt werden», sagt Müller. Zum Beispiel dadurch, dass sie diese Menschen auf Dauer nicht mehr finanzieren könnten oder wollten. «Letztlich bleiben diese Resettlement-Flüchtlinge trotzdem wieder zulasten der Staatskasse hier.»
Auch CVP-Präsident Gerhard Pfister sagt: «Diese Idee bringt nichts.» Und er kritisiert die seiner Ansicht nach falsche Problemanalyse von Foraus: «Die schweizerische Asylpolitik ist nach den diversen Volksabstimmungen und Referenden keineswegs in der Zivilgesellschaft nicht genügend verankert.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch