Raum der Stille eingeweiht
Am Montag betraten die ersten Besucher den Raum von Carmen Perrin im Kirchgemeindehaus Männedorf.
Von Bettina Bernet-Hug Männedorf – Ein Oberlicht, weisse Farbe, ein schimmerndes Liniengeflecht: Das ist der neue Raum der Stille in Männedorf. Der Raum ist nun öffentlich zugänglich. Im Rahmen einer stimmungsvollen Eröffnungsfeier wurde er am Montagabend eingeweiht. «Das neue Kirchgemeindehaus hat nun einen Ort, an dem man in der Stille, im Gespräch mit sich und mit Gott die Mitte wieder findet, an dem man wieder neu ein Gefühl dafür erhält, von einem dichten Netz getragen zu sein», sagte Kunsthistoriker und Experte für Kunst und Kirche Johannes Stückelberger. Es sei ein Raum, der ohne die herkömmlichen religiösen Zeichen Symbolcharakter habe. Die Genfer Künstlerin Carmen Perrin habe ein neues Bild für den Dialog mit Gott gefunden, der Raum strahle auch ohne Bilder eine Atmosphäre aus, die man symbolisch lesen könne. Carmen Perrin hat das Netzmuster im Raum der Stille dem Marteloire nachempfunden, einer Navigationshilfe für mittelalterliche Seefahrer. Dieses sei im Gegensatz zu einem Kompass in alle Himmelsrichtungen offen – eine Metapher oder ein Symbol für Orientierung. Die Raumerfahrung ist zu allen Tageszeiten anders: Je nach Lichteinstrahlung wirkt die speziell für diesen Raum entwickelte, irisierende Perlmutt-Acryl-Farbe anders. Und je nach Position im Raum sieht man Linien auftauchen und verschwinden. Den Raum entdecken Man müsse sich, so Perrin, mit seinem ganzen Körper auf den Raum einlassen, um einen Eindruck davon zu gewinnen. Architekt Stephan Gisi seinerseits lobte das Zusammenspiel von Kunst und Architektur. «Stille und Kunst mögen sich», meint Gisi, «und Architektur und Kunst verstehen sich.» Farbgestalter Beat Soller schliesslich erläuterte seine Arbeit an der Schnittstelle zwischen Kunst und Architektur. Er habe sowohl Verständnis für das Atmosphärische als auch für die Technik aufbringen müssen. Viele Überlegungen und Versuche seien notwendig gewesen, um herauszufinden, wie die Linienfarbe in diesem Raum wirken kann. «Wir waren uns bis zum Schluss nicht sicher, wie es herauskommt», erklärt Soller, «es war schwierig, etwas zu realisieren, was man eigentlich gar nicht sieht.» Die ersten Gäste äusserten beim Eindunkeln das Bedürfnis, den Raum möglichst bald nochmals bei Tageslicht zu erleben, um die subtile Arbeit Perrins zu entdecken. Ein anderer Gast zeigte sich verwirrt: Er hätte es lieber gehabt, wenn er das ganze Kunstwerk auf einmal sehen könnte. Genau das will Carmen Perrin nicht: Sie versteht ihr Werk mit den 100 Punkten und den über 600 Meter langen, untereinander verbundenen Linien so, dass es sich nicht auf den ersten Blick erschliessen lässt. Finanziert durch Sponsoren Eine fünfköpfige Arbeitsgruppe unter der Leitung von Almuth Rosenstock befasste sich zusammen mit Stephan Gisi von Stücheli Architekten monatelang mit dem Projekt. Johannes Stückelberger begleitete die Gruppe als Berater. Unter 44 Anwärtern wählte man schliesslich die Künstlerin Carmen Perrin aus und betraute sie mit dem Projektentwurf. Dass das Kunstwerk letztlich überhaupt finanziert werden konnte, ist zahlreichen Sponsoren und Spendern aus der Kirchgemeinde und weiteren Kreisen zu verdanken. Sie waren es denn auch, die zusammen mit Behördenvertretern zu der Eröffnungsfeier geladen waren und den Raum als Erste bestaunen durften.
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