Reaktionen: Bundesrat kommt für Gegenmassnahmen unter Beschuss
Der Bundesrat wirft der EU vor, sie diskriminiere die Schweiz. Das Verhalten der Regierung sorgt nun aber seinerseits für Kritik vonseiten der SP und SVP.

Der Bundesrat ist not amused. Das machte Bundesrätin Doris Leuthard heute an einer eiligst einberufenen Medienkonferenz in Bern klar. Die befristete Anerkennung der Schweizer Börsenregulierung stelle eine Diskriminierung der Schweiz dar, sagte die Bundespräsidentin. «Auch die Verbindung dieses technischen Dossiers mit den institutionellen Fragen ist sachfremd und inakzeptabel.»
Aus Sicht des Bundesrates gebe es Zweifel an der Rechtmässigkeit des EU-Entscheides, so Leuthard weiter. Die Regierung habe den Eindruck, dass der Entscheid der EU zum Ziel habe, den Finanzplatz Schweiz zu schwächen.
Bundesrat hält sich alle Optionen offen
Markige Worte also. Bezüglich Taten hielt sich der Bundesrat aber zurück. So wird die Kohäsionsmilliarde nicht auf Eis gelegt, wie das bürgerliche Kreise im Vorfeld gefordert hatten. Der Bundesrat behält sich lediglich vor, «die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage zur Kohäsionsmilliarde neu zu beurteilen».
Video: Leuthard schlägt zurück
Zudem will er Massnahmen ergreifen, um den Schweizer Finanzplatz zu stärken. Dabei steht laut Leuthard die Abschaffung der Stempelsteuer im Vordergrund. Jener Steuer, die Firmen unter anderem zahlen müssen, wenn sie Wertpapiere ausgeben. Damit nimmt der Bund jährlich rund zwei Milliarden Franken ein. Die Abschaffung der Stempelsteuer ist ein altes Anliegen der Bürgerlichen und hätte bereits Teil der Unternehmenssteuerreform III sein sollen; wegen der daraus resultierenden Steuerausfällen sah das Parlament am Ende aber davon ab.
SVP gegen Ostmilliarde
Innenpolitisch stösst das Verhalten des Bundesrats allerdings sowohl links als auch rechts auf Kritik. Die SVP wirft Leuthard mangelnde Führungsstärke vor und dass sie Brüssel voreilig die Zahlung der Kohäsionsmilliarde versprochen habe. Der Bundesrat müsse der EU «klipp und klar mitteilen», dass ein Rahmenabkommen keine Chance habe, schreibt die Partei in einem Communiqué. Auch sei die Kohäsionsmilliarde abzulehnen, ebenso wie die freiwillige Teilnahme der Schweiz an EU-Umsiedlungsprogrammen von Flüchtlingen.
Auch in der FDP hätten sich einige vom Bundesrat ein entschlosseneres Auftreten gewünscht. «Zu Recht stellt der Bundesrat fest, dass die Verknüpfung von technischen Dossiers mit dem Rahmenabkommen nicht legitim ist», sagt FDP-Aussenpolitiker Hans-Peter Portmann. «Deshalb wäre es nur konsequent, den Kohäsionsbeitrag von der Agenda zu nehmen.»
Portmann begrüsst zwar die Abschaffung der Stempelsteuer, «allerdings ist mir der Zusammenhang zum Entscheid aus Brüssel nicht klar». Für griffige Gegenmassnahmen müsste der Bundesrat anderswo ansetzen, sagt Portmann. Bei den Grenzgängern etwa oder beim EU-Transitverkehr durch die Schweiz.
Unkoordinierter Bundesrat
Die SP schliesslich attackiert in erster Linie die bürgerlichen Mitglieder des Bundesrats, die ein «desolates Bild» abgäben. So habe CVP-Bundesrätin Doris Leuthard die technische Frage der Börsenäquivalenz völlig unnötigerweise mit dem Kohäsionsbeitrag verknüpft. «Wenige Tage später fallen ihr SVP-Bundesrat Maurer und FDP-Bundesrat Schneider-Ammann in Interviews in den Rücken und laden die technischen Verhandlungen mit der EU noch politischer auf», schreibt die Partei in einer Mitteilung.
SP-Aussenpolitiker Eric Nussbaumer hält dem Bundesrat vor, er vergesse, dass die EU die Börsenäquivalenz tatsächlich anerkannt habe, selbst wenn diese nun befristet sei. «Damit ist Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker näher an seinem Versprechen als der Bundesrat.» Dieser habe im November zugesagt, die Arbeiten an der Kohäsionsmilliarde voranzutreiben und behalte sich nun vor, diese zu unterbrechen.
«Sachfremde» Abschaffung der Stempelsteuer
Wenig bis nichts hält die SP von der Ankündigung, die Stempelsteuer abzuschaffen. «Das ist nichts anderes als ein völlig unnötiges Steuergeschenk in Milliardenhöhe an Börsenspekulanten und Unternehmen», lässt sich Parteipräsident Christian Levrat zitieren. «Dieses Steuergeschenk an die Finanzbranche ist absolut sachfremd und trägt überhaupt nichts zur Entspannung der Beziehungen zur EU bei.»
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