Regierungen verlangen Zugang zu Offshore-Leaks
Internationale Steuerfahnder und Politiker würden gerne Einblick in die umfangreichen Offshore-Leaks erhalten. Doch das Journalistennetzwerk ICIJ will die Daten nicht aushändigen.

Während international, nach den ersten Enthüllungen, bereits umfangreiche Ermittlungen anrollen, reagieren die Schweizer Behörden zurückhaltend. Die Schweiz sei nach bisherigen Erkenntnissen nur am Rande betroffen, schrieb gestern das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen in einer Stellungnahme. Die Enthüllungen bestätigten aber «die Richtigkeit der neuen Schweizer Finanzmarktpolitik».
In anderen Ländern, etwa in Deutschland, wird das Thema offensiver behandelt. Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat ein koordiniertes Vorgehen gefordert. Es müsse auf internationaler Ebene darüber beraten werden, wie ein Missbrauch in Steueroasen stärker sanktioniert werden könne, sagte er heute der «Rheinischen Post». In Deutschland sind nach einem Bericht etwa 100'000 mutmassliche Steuersünder von den Enthüllungen betroffen.
Anfragen bisher ohne Erfolg
Steuerhinterziehung sei ein «krimineller Akt», sagte Rösler der «Rheinischen Post». Ein international koordiniertes Vorgehen gegen Steueroasen sei deshalb «sicherlich kein schneller und einfacher, aber ein notwendiger Prozess». Der Minister forderte zudem die Herausgabe der Daten über geheime Geschäfte in Steueroasen an die deutschen Behörden. Es sei entscheidend, dass diese jetzt «den zuständigen Finanzbehörden der Länder zur Verfügung gestellt werden».
Zuvor hatte bereits der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, die Medien zur Weitergabe der Unterlagen aufgefordert. Auch Wolfgang Schäuble spricht sich für eine Weitergabe der Daten aus. Die Regierungsbehörden Deutschlands, Griechenlands, Südkoreas, Kanadas und der USA haben auch direkt beim Journalistennetzwerk International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) angefragt – ohne Erfolg. Man sei kein verlängerter Arm von Regierungen, sondern eine unabhängige Organisation, die sich ihren Mitgliedern, der Öffentlichkeit sowie dem investigativen Journalismus verpflichtet fühle, teilte ICIJ auf ihrer Website mit.
Redaktionsgeheimnis als Recherchengrundlage
Folglich lehnen es auch die an der Veröffentlichung beteiligten Medien ab, die Daten an die deutschen Behörden zu übergeben. Die «Süddeutsche Zeitung» und der Norddeutsche Rundfunk lehnten auf AFP-Nachfrage die Bitte des Bundesfinanzministeriums ab, die betreffenden Unterlagen herauszugeben. «Das Redaktionsgeheimnis ist die Grundlage für solche Recherchen», sagte der Innenpolitik-Chef der «Süddeutschen Zeitung», Heribert Prantl. Die zuständigen Behörden hätten genügend eigene Möglichkeiten zur Ermittlung von Steuersündern.
Auch ein Sprecher des Norddeutschen Rundfunks sagte, es würden grundsätzlich keine Rechercheergebnisse weitergegeben. Zudem befänden sich die Daten in der Obhut des Internationalen Netzwerk für Investigativen Journalismus (ICIJ) in den USA, dem sie anonym zugespielt worden waren.
130'000 mutmassliche Steuersünder
Am Donnerstag hatten weltweit rund 40 Medien, darunter die Schweizer «SonntagsZeitung» und «Le Matin» über den Datensatz berichtet, der 130'000 mutmassliche Steuersünder aus mehr als 170 Ländern enttarnt. Sie sollen geheime Geschäfte mit Offshore-Firmen in einschlägigen Steueroasen gemacht haben.
AFP/SDA/DAPD/mrs
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch