RegulierwutWas Dürrenmatt zur Waffenschutz-Volksinitiative eventuell sagen würde, TA vom 17. 1.Mit der Freiheit verantwortlich umgehen
RegulierwutWas Dürrenmatt zur Waffenschutz-Volksinitiative eventuell sagen würde, TA vom 17. 1.Mit der Freiheit verantwortlich umgehen Unzulässig uminterpretiert. Auch Friedrich Dürrenmatt lässt sich für politische Zwecke je nach eigener Position brauchen und missbrauchen. In seiner Metapher «Die Schweiz – ein Gefängnis» stellt er dem Gefängnis, in das der tschechische Dissident Vaclav Havel geworfen wurde, die Schweiz als Gefängnis ihrer Neutralität gegenüber, in das die Schweizer geflüchtet sind, um frei zu sein, da sie dort ja sowohl Gefangene als auch gleichzeitig Wärter sind. Dürrenmatts Rede wird von Alain Pichard auf unzulässige Weise uminterpretiert. Sie hat mit der Schweizer Regulierungswut überhaupt nichts zu tun. Es ist ja nicht ein obrigkeitlicher Staat, der bestimmt hat, dass die Armeewaffen aus den Haushalten verschwinden. Wir Stimmbürger und Stimmbürgerinnen können darüber abstimmen, ob es dazu kommt oder nicht. Wenn das Pichard nicht in den Kram passt, muss er sich für die Abschaffung des Initiativrechts einsetzen und nicht über die Regulierungswut des Staates schnöden. Es ist übrigens bezeichnend, dass er das Minarettverbot und die Verwahrung Krimineller nicht als Beschneidung von Freiheit und Recht wahrnimmt. Pichard, der vor einigen Jahren der Waffenschutz-Initiative «ohne Zögern» zugestimmt hätte, ist nach meiner Optik zwischenzeitlich einfach vom linken ins rechtsbürgerliche Lager übergelaufen. Walter Giger, Zürich Des Guten zu viel. Ohne der gleichen Partei anzugehören, muss ich Herrn Pichard (Vorstandsmitglied der Grünliberalen) mit seinen Bedenken über die Regulierungswut in der Schweiz auf der ganzen Linie recht geben. Ein Schulfreund arbeitete bis zu seiner Pensionierung für eine Schweizer Firma in Marokko. Als der Ruhestand näherrückte, fragte ich ihn: «Kommst du in die Schweiz zurück?» – «Wo denkst du hin», sagte er, «in die Schweiz, wo man versucht, alles zu reglementieren, was noch nicht verboten ist; nein danke!» Die Regulierungswut könnte bekämpft werden, wenn die Bürger den zahlreichen Initiativen mit ihrem Stimmzettel eine deutliche Abfuhr erteilten, wie sie es in den letzten Jahrzehnten getan haben. Oder wenn man dem Juristen folgte, der vorschlug, mit jedem neuen Gesetz sei mindestens ein bestehendes, aber antiquiertes Gesetz ausser Kraft zu setzen. Walter Kaufmann, Dietlikon Eine Schein-Freiheit. Die Schweiz ist international ein Vorzeigeobjekt, wenn es darum geht, nachzuweisen, dass grösstmögliche Freiheit der Bürger zu verantwortungsvollem Umgang miteinander führt. Diese Freiheit haben sich die Schweizer in den letzten paar Jahrzehnten erkämpft und gelernt, damit umzugehen. Mag sein, dass die starke Zuwanderung aus dem Ausland, mit Bürgern, die diese Freiheit nicht kannten und damit eher nicht umzugehen wissen, diese Freiheit gefährdet. Aber sie mit einem Schutzwall an Verboten und Einschränkungen zu umgeben, ist kein sinnvoller Weg. Wo man sich hinbewegt, kollidiert man mit Verboten und neuen Gesetzen. Nur wer sich nicht darum schert, bewegt sich offensichtlich noch frei. Doch dies ist nicht unsere Art. Eigentlich haben wir gelernt, Gesetze zu beachten. Ein bisschen schummeln vielleicht, mehr nicht. Wir konnten mit der Freiheit umgehen – eine Freiheit, die schon damals ihren Preis hatte. Freiheit ist offenbar kein so wertvolles Gut mehr, dass es sich lohnt, damit umgehen zu lernen, auch Risiken einzugehen und dafür zu kämpfen. Besser mehr Verbote und schärfere Gesetze, alles ist zu delegieren, scheint die Devise. Eine Schein-Freiheit eben. Jürg Käser, Wallisellen Verbote sind unvermeidbar. Durchaus logisch erläutert Alain Pichard, warum Friedrich Dürrenmatt von der Waffenschutz-Initiative wenig begeistert sein würde. Allerdings konstatierte Dürrenmatt einst selbst: «Das Rationale am Menschen sind seine Einsichten, das Irrationale, dass er nicht danach handelt.» In einer Gesellschaft mit solchen Menschen sind Verbote wohl unvermeidbar – und sei es nur zum Schutz der Gesellschaft vor derlei Individuen. Denn: «Das menschliche Wissen ist dem menschlichen Tun davongelaufen, das ist unsere Tragik. Trotz aller unserer Kenntnisse verhalten wir uns immer noch wie die Höhlenmenschen von einst.» – Auch von Dürrenmatt. Alex Vorburger, Zürich Bildlegende.Foto: Vorname Name, Agentur
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