Rekordgewinn mit bitterem Beigeschmack
Ein gutes Ergebnis bei der Raiffeisen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der Bank einiges im Argen liegt.
Es klingt wie die dringend benötigte positive Nachricht für die Raiffeisen: Während die Bank vom grössten Skandal ihrer Geschichte erschüttert wird, läuft das Geschäft so gut wie noch nie: 22 Prozent mehr Reingewinn meldet das drittgrösste Schweizer Geldhaus für das letzte Jahr. Ein Rekordergebnis. Zum guten Resultat hätten alle Bereiche beigetragen, schreibt das Unternehmen.
Der Jahresabschluss ist laut Chef Patrik Gisel ein Resultat «einer umsichtigen Geschäftspolitik» und eines klaren Geschäftsmodells. Die Raiffeisen bildet zusätzliche Reserven für allgemeine Bankrisiken in der Höhe von 80 Millionen Franken.
Grosser Teil aus Verkauf von Beteiligungen
Dass es im laufenden Jahr so weitergeht, ist allerdings fraglich. Denn ein grosser Brocken des Ergebnisses stammt aus dem Verkauf von Beteiligungen am Versicherer Helvetia und dem Bankensoftware-Unternehmen Avaloq. Ausserdem betont Raiffeisen, dass der Posten übriger Erfolg, der im letzten Jahr um 73,4 Prozent angestiegen ist, künftig wieder deutlich tiefer liegen wird.
Das Kerngeschäft mit Hypotheken brummt. Mit einem Plus von 7,2 Milliarden Franken ist es über dem Markt gewachsen. Raiffeisen hält bei den inländischen Hypotheken neu einen Marktanteil von 17,5 Prozent. Dennoch steigt die Konkurrenz im Kerngeschäft: Versicherungen drängen mit günstigen Finanzierungen in den Markt.
Weniger verwaltete Vermögen bei Notenstein
Ausserdem verliert das Sorgenkind der Bank, die übernommene Privatbank Notenstein La Roche, weiter Geld. Die verwalteten Vermögen reduzierten sich von 20,3 Milliarden Franken auf 16,8 Milliarden Franken. Über 2 Milliarden entfallen auf das verkaufte Osteuropa-Geschäft. Durch Kosteneinsparungen um 18 Prozent resultierte am Ende zwar noch ein Reingewinn von 23,3 Millionen Franken. Wie lange Chef Gisel an dem Geschäft festhält, ist allerdings nicht klar. Der Druck steigt.
Hinzu kommt der Imageschaden durch die Turbulenzen an der Spitze: Unmittelbar hat die Korruptionsaffäre um Ex-Chef Pierin Vincenz zwar nichts mit dem Geschäftsgang zu tun. Dennoch ist die herrschende Unsicherheit nicht hilfreich. Raiffeisen gilt als grundsolide Genossenschaftsbank. Die Basis ist verunsichert.
Reputationsschaden vermeiden
«Wir müssen dringend weiteren Reputationsschaden vermeiden», drängte etwa Heinz Egli, Verwaltungsratspräsident der Raiffeisenbank Thunersee und früherer Präsident des Berner Regionalverbandes. Das sei man den 2 Millionen Raiffeisen-Mitgliedern schuldig.
Denn nicht nur die Mitarbeiter der regionalen Genossenschaften, auch die Kundschaft könnte sich überlegen, ob diese Bank noch das vertritt, wofür sie sie wählte: solide, zuverlässig, unaufgeregt.
Wie gehts mit Gisel weiter?
Nicht zuletzt bleibt abzuwarten, wie es an der Spitze der Raiffeisen weitergeht: Der Chefredaktor dieser Zeitung gibt Gisel noch zwei Monate, sollte er nicht den nötigen Bruch machen. Ein erster Schritt ist getan mit der Strafanzeige gegen Vincenz – doch ob das reicht, ob die Basis beruhigt und die Vergangenheit aufgearbeitet werden kann, bleibt abzuwarten.
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