Reputationsrisiko Rohstoffbranche
Die verschwiegenen Rohstofffirmen bescheren der Schweiz Steuereinnahmen, sorgen oft aber für kritische internationale Schlagzeilen. Fünf Beispiele.
Die Schweiz ist Standort zahlreicher grosser Firmen der Rohstoffbranche. Dazu gehören Glencore, Vitol, Mercuria und Gunvor, welche allesamt Spitzenplätze auf der Liste der grössten Rohstoffhändler weltweit belegen, aber auch der Bergbaukonzern Xstrata und die Ölförderfirmen Weatherford und Transocean. Der ganzen Branche ist gemein, dass sie sehr verschwiegen arbeitet. Viele Firmen stehen denn auch kaum in der Öffentlichkeit. Einige standen in der Vergangenheit aber im internationalen Schlaglicht – teilweise ausgelöst durch Kritik an den Geschäftspraktiken der Unternehmen.
Menschenrechtsorganisationen fordern schon lange eine strengere Regulierung der Branche. Auch Politiker fürchten einen möglichen Imageschaden für die Schweiz. Die EU und die USA gingen vor kurzem voran und erliessen Vorschriften, welche die Unternehmen zu mehr Transparenz über ihre Geschäfte verpflichten. In der Schweiz forderte die inzwischen zurückgetretene SP-Nationalrätin Hildegard Fässler in einem Vorstoss vom Bundesrat, die amerikanischen Regeln zur Offenlegung von Zahlungsflüssen zu übernehmen. Der Bundesrat lehnte dies aber unter Verweis auf einen in Arbeit befindlichen Grundlagenbericht ab – jenen, den der Bundesrat präsentiert.
Darin spielt auch die Frage eine Rolle, inwiefern die Geschäfte der Rohstoffbranche ein Reputationsrisiko für die Schweiz darstellen. Fünf Fälle illustrieren das Risiko:
Fall 1:Rohstoffe aus dubiosen Quellen
Die Fakten: Im Kongo, 30 Kilometer von der Bergbaustadt Kolwezi entfernt, finden sich im offenen Steinbruch Tilwezembe Kupfer und Kobalt. Die Lizenz zur Ausbeutung des etwa 7,5 Quadratkilometer grossen Geländes hat die Kamoto Copper Company (KCC), die zum Rohstoffkonzern Glencore gehört. Die Mine gilt offiziell als stillgelegt, doch graben dort illegale Kleinschürfer von Hand nach den wertvollen Metallen. Die Arbeit ist gefährlich – und wird nur bei Erfolg entlöhnt.
Der Vorwurf: Die Schweizer Hilfswerke Fastenopfer und Brot für alle sagten, Erz aus Tilwezembe werde in der zu Glencore gehörenden Kupferfabrik Mopani verarbeitet. Der Konzern wies die Vorwürfe aber stets zurück. Glencore sei in keinster Weise in die Schürfaktivitäten in Tilwezembe involviert und kaufe auch kein Erz aus dieser Quelle. Die Urheber der Vorwürfe hätten nie Belege für die Vorwürfe vorgelegt.
Der Konzern:Glencore ist mit 214 Milliarden Dollar Jahresumsatz (2012) das zweitgrösste Schweizer Unternehmen. Der Konzern mit Hauptsitz in Baar ist gleichzeitig eine der grössten Rohstoffhandelsgruppen weltweit.
Fall 2:Umgehung von Sanktionen
Die Fakten:Wie die Nachrichtenagentur Reuters herausfand, kaufte die Ölhändlerin Vitol 2012 via eine Tochterfirma 2 Millionen Fass iranisches Öl.
Der Vorwurf: Vitol umgehe Sanktionen gegen den Iran. Die Firma stellt sich auf den Standpunkt, dass sie zu keinem Zeitpunkt gegen Sanktionen verstossen habe. Nur: Die Schweizer Sanktionen gegen den Iran gingen weniger weit als jene der EU oder der USA. Vitol liess offen, an welche Sanktionen sich die Firma genau gehalten habe.
Der Konzern: Vitol – mit Hauptsitz in Genf – ist auf den Handel mit Öl und Erdgas spezialisiert. Für den Transport der Rohstoffe chartert die Firma selber Schiffe.
Fall 3:Steuerflucht
Die Fakten: Der brasilianische Bergbaukonzern Vale gründete 2006 eine Tochterfirma im waadtländischen Saint-Prex. Die Waadtländer Behörden befreiten die Firma unter Berufung auf ein Gesetz zur Förderung der lokalen Wirtschaft von allen kantonalen und kommunalen Steuern und erliessen ihr auch 80 Prozent der Bundessteuern.
Der Vorwurf: Vale wird vorgeworfen, den Standort in der Schweiz als Steuerschlupfloch zu benützen. «Le Monde Diplomatique» schreibt, Vale habe von 2006 bis 2009 284 Millionen Franken Steuern bezahlt, dabei aber eigentlich Gewinne durch die Schweiz geschleust, die Steuern in der Höhe von über 3 Milliarden Schweizer Franken hätten abwerfen müssen. 2012 hatte der Konzern zudem beim Bund hohe Steuerschulden.
Der Konzern:Vale ist eines der grössten Bergbauunternehmen der Welt. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Rio de Janeiro, verfügt aber über eine Tochterfirma im Kanton Waadt.
Fall 4:Korruption
Der Vorwurf: Die Rohstoffhändlerin Trafigura soll dem staatlichen maltesischen Unternehmen Enemalta während mehrerer Jahre Erdöl geliefert haben. Einem Geschäftsmann soll das Unternehmen dabei jährlich um die 300'000 Dollar gezahlt haben. Trafigura wird vorgeworfen, den Geschäftsmann, der in einer Beratungskommission von Enemalta sass, mit den Geldern bestochen zu haben. Die Firma bestreitet dies und deklariert die Zahlungen als Entschädigung für einen Beratungsvertrag.
Der Konzern:Das Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura hat sein Hauptquartier in Luzern.
Fall 5:Mitschuld an Umweltverschmutzung
Die Fakten:Das Tiefsee-Ölbohrunternehmen Transocean hat mit dem US-Justizministerium eine Einigung zur Ölkatastrophe im Golf von Mexiko erzielt und sich zur Zahlung von 1,4 Milliarden Dollar verpflichtet. Transocean war Besitzer der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko, deren Explosion im April 2010 elf Tote forderte und vor der Küste der USA eine Umweltkatastrophe auslöste. Mit der Einigung mit dem US-Justizministerium erklärte sich das Unternehmen für schuldig, gegen das amerikanische Wasserschutzgesetz verstossen zu haben.
Der Konzern: Der an der Schweizer Börse kotierte Konzern hat seinen Hauptsitz in Zug.
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