Geldblog: Sparen in KrisenzeitenRichtiges Timing wird überbewertet
Martin Spieler sagt, warum es trotz der Börsenverwerfungen keine gute Idee ist, sein Vorsorgegeld auf dem Sparkonto zu parkieren.

Ich besitze circa 60’000 Franken als 3a-Vermögen. Davon sind knapp 15’000 Franken auf einem Bankkonto, der Rest in zwei Anlagefonds investiert: 6000 Franken bei Viac, Strategie Nachhaltig 100 mit 97 Prozent Aktien und 39’000 Franken bei Frankly mit 95 Prozent Aktien. Nun überlege ich mir, das Kontoguthaben auch bei Viac zu investieren. Dafür sprechen würde der lange Anlagehorizont sowie tiefe Zinsen, dagegen: Ein grosser Betrag wird auf einmal investiert und der hohe Aktienanteil. Mein Anlagehorizont bis zur Pensionierung beträgt noch mindestens 22 Jahre, somit könnte ein höherer Aktienanteil drin liegen. Bei der momentanen Börsenlage bin ich mir aber nicht sicher. Wie sehen Sie das? Leserfrage von S.M.
Es ist verständlich, dass Sie aufgrund der Verwerfungen, die wir im letzten Jahr an den internationalen Finanzmärkten gesehen haben, verunsichert sind. Gerade sein Vorsorgegeld möchte man so investieren, dass es sicher keinen Verlust abwirft, sondern es möglichst gewinnbringend anlegen. Wenn man, so wie dies derzeit bei einigen der Fall ist, auch auf Vorsorgegeld auf Buchverlusten sitzt, schmerzt dies besonders, weil man dieses Geld für Sicherheit im Alter auf die Seite legen möchte.
Tatsächlich tragen Sie mit Vorsorgefonds mit hohem Aktienanteil ein erhebliches Anlagerisiko. Sie müssen sich aber überlegen, was für Sie die Alternative ist, wenn Sie den Betrag nicht investieren, der jetzt einfach auf Ihrem Säule-3a-Konto liegt und keine Rendite bringt. Das Geld, das auf dem Konto bleibt, ist wenigstens keinen Kursschwankungen ausgesetzt und man hat nicht das Risiko, dass man darauf Verluste einfährt, was in turbulenten Phasen schon sehr positiv ist.
Was man oft aber nicht bedenkt, ist die Tatsache, dass man auch auf dem scheinbar sicheren und schwankungsfreien Geld auf dem Konto einen Verlust macht – und zwar wegen der Inflation. Die Teuerung nagt am Wert Ihres Geldes und die Kaufkraft nimmt stetig ab, solange man auf dem Geld keine Rendite nach Gebühren erzielt, die höher ist als die Inflation. Gerade in Phasen mit hoher Inflation ist es ein Nachteil, sein Geld einfach auf dem Konto zu lassen – man hat nicht nur keine Rendite, sondern verliert sogar darauf wegen der Teuerung.
Am besten ist es, wenn man sein Vorsorgegeld regelmässig investiert und gar nicht stark auf das momentane Börsenklima achtet.
Wenn Sie das zusätzliche Geld indes investieren, laufen Sie Gefahr, dass Sie innert kurzer Zeit auf Buchverlusten sitzen. Dieses Risiko ist real. Darum ist beim Anlegen der Anlagehorizont so wichtig. Wenn Sie mir schreiben würden, dass Sie das Geld in wenigen Monaten oder einem Jahr gleich wieder brauchen, würde ich Ihnen von einer Anlage in Aktienfonds abraten. Beim Vorsorgesparen ist es indes anders: Man hat oft einen sehr langen Anlagehorizont. In Ihrem Fall sind es über 20 Jahre. In dieser langen Zeit werden selbst stärkere Kursrückschläge und Schwankungen stark relativiert. Auf lange Sicht von 10 und sogar 20 Jahren hat man eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass man mit seinen Aktien unter dem Strich einen ansprechenden Gewinn erwirtschaftet.
Darum halte ich es für einen Fehler, wenn man nicht investiert. Über das Timing würde ich mir gar nicht zu viele Gedanken machen. Das perfekte Timing findet man sowieso meistens nicht. Nachdem die Aktienmärkte im letzten Jahr stark korrigiert hatten, haben Sie die Chance, die Aktienfonds zu tieferen Kursen zu kaufen. Aus meiner Sicht war Ihr effektives Risiko in den letzten Jahren höher, als die Börsen haussierten und auch die Aktienfonds höher bewertet waren.
Natürlich haben Sie keine Garantie, dass die Aktien nicht noch mehr sinken, aber Sie haben gleichzeitig die Chance, dass Sie günstiger kaufen als in früheren Phasen. Am besten ist es, wenn man sein Vorsorgegeld regelmässig investiert und gar nicht stark auf das momentane Börsenklima achtet, da dieses auf das Resultat nach über 20 Jahren nur noch einen geringen Einfluss hat. Es braucht Mut, in Zeiten zu investieren, in denen es an den Aktienmärkten stürmt. Der Lohn dafür ist die Chance, dass Sie für den gleichen Betrag mehr Aktienfondsanteile bekommen als früher, weil diese jetzt tiefer notieren.
Da Sie noch mehr als 20 Jahre bis zur Pensionierung vor sich haben, würde ich den Betrag wie von Ihnen angedacht in Vorsorgefonds mit hohem Aktienanteil anlegen und dann gar nicht mehr gross auf die Kurse der Fonds achten. Die kurzfristigen Schwankungen bei den Fondsanteilen sind für Sie nicht relevant. Denn das Geld kommt voraussichtlich erst in 22 Jahren zur Auszahlung. Da spielt es keine Rolle, ob heute der Fondskurs hoch oder tief notiert. Wichtig ist für Sie nur das Resultat nach über 20 Jahren. Und hier haben Sie mit Aktienfonds eine gute Wahrscheinlichkeit, dass Sie langfristig mehr aus Ihrem Vorsorgegeld herausholen.
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