Zeitungs-Razzia bei «Apple Daily»Riesenauflage: Hongkonger reissen sich um Krisen-Ausgabe
Nach der Stürmung hat «Apple Daily» 500’000 statt der normalen 80’000 Zeitungen gedruckt. Ist die Pressefreiheit in der Metropole tot? Die Menschen sorgen sich darum.

Einen Tag nach der Polizei-Razzia in der Redaktion der pro-demokratischen Hongkonger Zeitung «Apple Daily» hat der Verlag am Freitag die Auflage deutlich gesteigert. Statt der üblichen 80’000 Exemplare wurden in der Hoffnung, möglichst viele Hongkonger zu erreichen, nach Angaben des Blattes 500’000 Exemplare gedruckt. Auf der Titelseite wurde über die Razzia berichtet, zudem war in fett gedruckten gelben Buchstaben «Wir müssen weitermachen» zu lesen.
Am Tag zuvor waren Chefredakteur Ryan Law sowie vier weitere führende Mitarbeiter festgenommen worden. Den auf der Titelseite abgebildeten Mitarbeitern wird auf Grundlage eines 2020 verabschiedeten sogenannten Sicherheitsgesetzes illegale Zusammenarbeit mit «einem anderen Land oder externen Elementen» angelastet.

Im Arbeiterviertel Mongkok standen Anwohner am frühen Morgen Schlange, um ein Exemplar der «Apple Daily» zu bekommen. «Normalerweise verkaufen wir gut 60 Stück, aber heute waren es 1800. Jetzt ist alles ausverkauft», sagte ein Standbetreiber der Nachrichtenagentur AFP.
«Man muss sie überleben lassen. Das ist wichtig.»
Polly, eine 40-jährige Produktentwicklerin aus Hongkong, sagte, sie habe gleich zehn Exemplare gekauft: «Viele Jahre lang haben wir Pressefreiheit genossen und konnten alles sagen.» Nun habe sich die Lage in Hongkong innerhalb eines Jahres komplett verschlechtert.
Steven Chow, ein weiterer Kunde, erklärte, «Apple Daily» sei eine einzigartige Stimme in Hongkong: «Man mag sie vielleicht nicht, aber man muss ihnen ihre Stimme lassen – sie überleben lassen. Das ist wichtig.»

500 Beamte an Razzia beteiligt
Am Donnerstag waren bei einem massiven Polizeieinsatz bei «Apple Daily» insgesamt fünf führende Mitarbeiter festgenommen und Computer sowie Vermögenswerte der Zeitung beschlagnahmt worden. Die Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone erklärten, die Zeitung habe zu «Sanktionen» gegen Hongkong und die Führung in Peking aufgerufen.

An dem massiven Polizeieinsatz waren mehr als 500 Beamte beteiligt. Chefredakteur Ryan Law, Geschäftsführer Cheung Kim-hung und drei weitere führende Mitarbeiter der Zeitung wurden festgenommen. Ihnen wird illegale Zusammenarbeit mit «einem anderen Land oder externen Elementen» mit dem Ziel der Gefährdung der «nationalen Sicherheit» angelastet.
«Apple Daily» ist Peking ein Dorn im Auge
«Apple Daily» und sein inhaftierter Eigner Jimmy Lai sind mit ihrer offenen Unterstützung für die Demokratie-Bewegung in Hongkong seit langer Zeit ein Dorn im Auge der Führung in Peking, welche die Bestrebungen nach mehr Demokratie in der früheren britischen Kronkolonie zu unterdrücken sucht.
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