Rolls-Royce plant ferngesteuerte Schiffe
Das Containerschiff der Zukunft kommt ohne Besatzung aus, versprechen Ingenieure. Die Schifffahrt soll sparsamer werden – und gar sicherer.
Militär und Polizei setzen auf Drohnen, Verkehrsbetriebe auf automatisierte U-Bahnen und Google auf das führerlose Auto: Der Mensch hat sich als Lenker von Fahr- und Flugzeugen zunehmend verzichtbar gemacht. Der britische Triebwerk- und Turbinenhersteller Rolls-Royce will diese Entwicklung nun auch in der Schifffahrt vorantreiben.
«Die Idee ferngesteuerter Schiffe ist nicht neu, heute existiert aber die nötige Technik dazu», gab der Rolls-Royce-Ingenieur Oskar Levander der «Financial Times» zu Protokoll. Die Entwicklung hin zu Automatisierung und Fernsteuerung vollziehe sich in allen anderen Branchen. «Es wäre nur logisch, dass dasselbe in der Schifffahrt geschieht.»
15 Prozent Treibstoffersparnis
Bereits heute bietet Rolls-Royce Systeme zur Teilautomatisierung von Schiffssteuerungen sowie Simulatoren an. Im norwegischen Alesund haben die Entwickler laut dem Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg nun den Prototyp einer Kommandobrücke eingerichtet, mit welcher künftig Schiffe von Land aus ferngesteuert werden könnten.
Nach den Vorstellungen der Ingenieure kämen die Containerschiffe der Zukunft ohne Aufbauten im heutigen Umfang aus, weil Kommandobrücke und Quartiere für die Besatzung entfielen. Der frei werdende Platz könnte mit zusätzlichen Containern beladen werden, was den Treibstoffverbrauch im Verhältnis zum Frachtgewicht deutlich senken würde – Levander spricht von einer Treibstoffersparnis von 12 bis 15 Prozent. Entsprechend wären die unbemannten Schiffe auch umweltfreundlicher – es sei denn, sinkende Transportpreise würden zu vermehrter Transporttätigkeit führen.
Billiger wären die unbemannten Schiffe auch, weil zumindest ein Teil der Besatzungskosten eingespart werden könnte, die heute nach Angaben eines von Bloomberg zitierten Branchenspezialisten rund 3300 Dollar pro Tag kosten und damit etwa 44 Prozent der operativen Kosten eines grossen Containerschiffes ausmachen würden.
Schifffahrt skeptisch
In der Schifffahrtsbranche sind die Pläne der Ingenieure bisher skeptisch aufgenommen worden. Er glaube nicht, dass sich in naher Zukunft ein grosser Kostenvorteil ergeben werde, zitiert Bloomberg Tor Svensen von der Firma DNV GL, welche Sicherheitszertifizierungen für Schiffe durchführt. «Ich glaube nicht, dass unbemannte Schiffe in naher Zukunft kommen werden.» Noch skeptischer äussern sich die Seeleute: Die Technik «kann und wird die Augen, Ohren und die kognitiven Fähigkeiten professioneller Seeleute niemals ersetzen», lässt sich Dave Heindel, der Vorsitzende der Seefahrergewerkschaft ITF zitieren.
Streitpunkt zwischen Ingenieuren und Seeleuten ist vor allem die Sicherheit. Erstere sehen den Menschen vor allem als Risikofaktor. Die meisten Unfälle auf See sind schliesslich menschgemacht, kein Computer der Welt hätte etwa die Costa Concordia auf die Felsen vor der Insel Giglio gesteuert. Sensoren können Hindernisse im Nebel, im Dunkeln und Unterwasser besser erkennen als der Mensch.
Die Seeleute entgegnen, dass der Mensch einer der wichtigsten Faktoren sei, um unerwartete Situationen zu beherrschen und bei einem Ausfall von Maschinen deren Aufgabe zu übernehmen oder diese zu reparieren. Allerdings arbeiten die Ingenieure daran, diese Probleme durch redundante Systeme und Fernwartung zu beheben.
Gesetzgebung als Hindernis
Glaubt man den Ingenieuren, ist das grösste Hindernis bei der Automatisierung des Schiffsverkehrs gar nicht der Mensch, sondern die Gesetzgebung. Der Einsatz unbemannter Schiffe wäre heute gemäss nationaler und internationaler Gesetzgebung nicht erlaubt, sagt Rolls-Royce-Entwickler Levander. Die internationalen Abkommen über die Schifffahrt zu ändern und alle Haftungsfragen zu klären, dürfte mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen. Rolls-Royce will deshalb zunächst eine Debatte über die Automatisierung des Schiffsverkehrs anstossen. «Ferngesteuerte Schiffe zu entwickeln, bleibt für uns sinnlos, solange es nicht einen Markt gibt, um sie zu verkaufen», sagte Levander der «Financial Times».
Der Rolls-Royce-Ingenieur erhofft sich aber einen langsamen Wandel. Je verlässlicher die Technik durch den Einbau neuer Systeme für Fernwartung und zur Überbrückung von Notfällen werde, desto weniger würden die Besatzungen einen Sicherheitsvorteil bieten.
Und die Piraten, die vor Afrika ihr Unwesen treiben? Diese könnten dereinst in die Röhre gucken, wenn sie ein Schiff entern, auf dem es weder eine Besatzung gibt, die sie als Geiseln nehmen können, noch eine Steuerung, die sie bedienen können. Dafür kämen womöglich Cyberpiraten zum Zug.
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