Roman Marti gibt den SBB ein Gesicht
Roman Marti hat sein Studium mit 31 angefangen - in einem Alter, in dem andere das erste Mal befördert werden. Auf den dreijährigen Studiengang Journalismus und Organisationskommunikation an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHaW) in Winterthur hat ihn eine Karriereberaterin aufmerksam gemacht. Eigentlich liebäugelte er eher mit einem Tourismusstudium. Doch die Reisebranche erlebte wegen des Irak-Kriegs und Sars gerade einen Einbruch. Das spürte Marti am eigenen Leib. Er arbeitete damals als Reiseplaner für einen internationalen Reisekonzern. Doch weil die Japaner in der Krisenzeit zu Hause blieben, verlor er seinen Job und damit auch die Lust am Tourismus. Also entschied er sich für einen Neuanfang und fürs Kommunikationsstudium.
Dicke Haut nötig Seit Februar 2008 ist der 36-Jährige nun einer von drei Deutschschweizer Mediensprecher bei den SBB. Da ist er das «Scharnier» zwischen den 28 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Medienschaffenden. Soeben wollte eine Zeitung wissen, wie die automatischen Anzeigetafeln an den Bahnhöfen funktionieren. Dafür muss Marti den Experten im Betrieb finden, der ihm die technisch komplexen Vorgänge erklärt. Marti wird dann für den Journalisten das Fachvokabular in die Alltagssprache übersetzen.
Ist Mediensprecher ein Traumjob? Ja und nein, sagt Marti ruhig und konzentriert. Seine ständigen Begleiter bei der Arbeit, der Pager und das Geschäftshandy, bleiben für einmal stumm.
Doch jeden Moment könnte etwas vorfallen, eine Stellwerkstörung zum Beispiel, die Auswirkung auf Tausende von Fahrgästen haben könnte. Dann laufen die Leitungen heiss und die Journalisten bestürmen den Mediensprecher. Marti hat an solchen Tagen erst Feierabend, wenn auch der letzte Journalist in der Spätschicht seinen Computer heruntergefahren hat. An den Wochenenden ist immer einer von den drei Mediensprechern auf Pikett.
Stressresistenz und eine schnelle Auffassungsgabe sind in diesem Job Voraussetzung. Doch man müsse als Mediensprecher auch eine dicke Haut haben. An solchen Tagen ist sein Job kein Traumjob. Marti empfindet ihn manchmal als eine emotionale Achterbahnfahrt. «Ich stehe vielfach im Rampenlicht.» Sei sein Auftritt gut, mache ihn das für einen Moment unglaublich stolz. Würden allerdings Fakten verdreht, ärgere ihn das doppelt. Auch wenn es nicht die Regel ist: Mit Journalisten, die seine Aussagen falsch wiedergeben, sucht er das Gespräch. Ein Mediensprecher, findet er, müsse auf Leute zugehen können.
Umweg an die Hochschule
Roman Marti war in der Sekundarschule noch kein besonders motivierter Schüler. In der Kellnerlehre im Bieler Hotel Continental aber löste sich «der Knopf». Der 16-Jährige fing an, sich für Wein zu interessieren. Herren, die zuerst kritisch in die Weinkarte und dann noch kritischer zum Jüngling hoch schauten, lieferte er frisch gelernte Empfehlungen aus dem Johnson-Weinführer. Zum ersten Mal habe er gemerkt, dass sich büffeln auszahle. Und zwar nicht nur in Form von Trinkgeld. Nach der Lehre arbeitete Roman Marti im Gastgewerbe weiter. Erst als Kellner dann als Réceptionist. Dazu begann er eine berufsbegleitende Handelsschule und wechselte bald darauf in die Tourismusbranche. Für seinen Arbeitgeber hat er auch Broschüren getextet. Wenn es ums Schreiben ging, merkten seine Chefs bald, dass der Marti das besser kann als andere. Mit 30 holte er dann die Berufsmatura nach, die ihm das Tor an die Fachhochschule öffnete.
Fokussiert studieren
Im Studium schon etwas älter zu sein, war für Marti ein Vorteil. Natürlich musste er sich finanziell einschränken und arbeitete nebenher wieder als Kellner. Im Gegensatz zu manchen jüngeren Kollegen habe er fokussierter studiert, sagt er und ist überzeugt, dass er seinen heutigen Job ohne seine Zweitausbildung in Winterthur nicht bekommen hätte.
Am Studium schätzte Marti die Praxisnähe, besonders Schreib- und andere Werkstätten und die zwei obligatorischen Praktika. Marti absolvierte eines davon bei einer Lokalzeitung, das andere in der Kommunikationsabteilung der SBB. Als eine Stelle als Mediensprecher frei wurde, haben ihn die SBB kontaktiert. «Praktikumsstellen», so Martis Tipp an Studierende, «sollte man sorgfältig auswählen.» Denn nicht selten werde der Chef im Praktikum zum späteren Arbeitgeber.
www.iam.zhaw.ch Stressresistenz und eine schnelle Auffassungsgabe, das braucht der SBB-Mediensprecher Roman Marti. Foto: Reto Oeschger
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