Rücksicht statt Rowdytum
Mit der neuen Generation des Q5 beginnt Audis mexikanisches Abenteuer – dort läuft das Mittelklasse-SUV für Amerika und Europa vom Band.

Als es hier einst wild zu- und herging, da hätten wir jetzt die Pferde angebunden, den Stallburschen zum Tränken gescheucht und die Hoteltür aufgetreten. Heute parkieren wir in San José del Cabo die völlig verstaubten Audi brav auf dem Schotterplatz vor dem Hotel California. «Hotel California», sie wissen schon: der Welthit der Eagles. Ein paar Blechfiguren samt Gitarren auf dem Dach sollen beweisen, was wohl jedes zweite Etablissement auf der mexikanischen Halbinsel Baja California für sich reklamiert: die Gringoband inspiriert zu haben.
Längst inspiriert Mexiko auch die Autoindustrie – unter anderen produzieren hier Mazda, Honda, Nissan, VW, bald BMW und neu eben auch Audi Modelle für Nordamerika. Zu günstigen Lohnkosten und in jener Freihandelszone, die Donald Trump vielleicht bald aufkündigen wird. Audi baut die ab Januar erhältliche zweite Generation des Mittelklasse-SUV Q5 ausschliesslich hier und damit auch für Europa. Dazu wurde in San José Chiapa ein neues Werk mit 150 000 Autos Jahreskapazität errichtet. Wenn es gut läuft, also Audi mindestens die Stückzahlen des seit 2008 1,6 Millionen Mal gebauten ersten Q5 erreicht, könnte gleich noch ein zweites dazugebaut werden. Weil sich auch Zulieferer ansiedeln, dürfte hier eine neue Stadt entstehen, mitten im Staub.
Variable Bodenfreiheit
Aus dem kommen wir gerade, nach einer knappen Stunde im kakteengespickten Nirgendwo. Wenn er schon hier gebaut wird, kann man den Q5 für einmal in ein Gelände ausführen, das er in Mitteleuropa wohl nie wieder unter die Räder nehmen wird. Für Felskrabbeln und Wasserlochtauchen taugt er natürlich kaum; alle vier angebotenen Fahrwerke von hartem Sport über Normal bis verstellbarem Komfort plus einer optionalen Luftfederung sind eher auf Asphalt abgestimmt. Aber Letzteres bügelt selbst übelste Schlaglöcher aus. Dreifach lässt sich die Bodenfreiheit variieren, stets bei vollem Federweg.
Technisch wurde nichts vom ersten Q5 übernommen, aber äusserlich erkennt man auch ohne Emblem im Frontgrill sofort den Audi. So wie man jeden Audi erkennt – nur nicht immer gleich das konkrete Modell. Insgesamt wirkt der um drei Zentimeter auf 4,66 Meter verlängerte Fünfplätzer schlanker als sein Vorgänger und wiegt je nach Version auch tatsächlich rund 90 Kilogramm weniger. Zwei Zentimeter mehr Radstand mögen bescheiden klingen, bringen im Innenraum aber spürbar mehr Kniefreiheit, selbst wenn man die optional verschiebbare Rückbank ganz vorn positioniert. Die Verarbeitung wirkt proper wie immer, nur den neuen Klapptürgriffen fehlt die solide Anmutung der Griffbügel des Vorgängers.
Zwei Motoren müssen zum Start genügen. Die meisten Europäer dürften den 190-PS-Turbodiesel mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe wählen, weil er am wenigsten verbraucht und trotzdem hohes Drehmoment bietet. Der Rest der Welt greift zum 252-PS-Turbobenziner, der ähnlich flink antrabt, aber angestrengter tönt, als man erwarten würde. Über die Staubpisten der Baja lässt sich problemlos auch ohne Allradantrieb wedeln, aber in den wilden Alpen dürfte er wenn möglich mitgeordert werden: entweder als Teilzeitarbeiter namens Ultra, der sich nur zuschaltet, wenn die Hinterachse unbedingt nötig wäre; also abseits der Strasse oder für mehr Fahrstabilität in Kurven. Oder als permanenter 4×4, zum Beispiel im erst ab Juni lieferbaren V6-Turbodiesel mit üppigen 286 PS und Achtstufen-Automatik. Im Juli folgt dann noch die Sparversion, ein 163-PS-Turbodiesel.
Rückweg auf dunklen Wüstenhighways, die ausschauen, als wären sie gestern erst fertig geteert worden. Die wenigen Kurven lassen erahnen, dass das neu entwickelte Fahrwerk mit Fünflenker-Achsen mehr könnte als nur Geradeaus – minimale Seitenneigung, straffes Abrollen, präzise Lenkung. Fühlt sich nicht einmal nach einem SUV an.
Die Preise beginnen bei 54 650 Franken, was aber als eher theoretischer Wert gelten darf. Inspirierte Kunden treiben mit ein paar Kreuzchen in der Optionenliste den Preis flott nach oben: für das virtuelle, konfigurierbare Cockpit, ein B&O-Soundsystem oder 30 Assistenten vom Routenhelfer über den Staupiloten bis zu Ausweich-, Spurwechsel-, Querverkehr- oder Ausstiegsassistent.
Ausstiegsassistent? Damit man nicht einen Velofahrer beim Öffnen der Tür in den Staub befördert. Wir sind doch nicht im Wilden Westen.
Andreas Faust fuhr den neuen Audi Q5 auf Einladung von Audi Schweiz in Mexiko.
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