Sammelt dieses mysteriöse Kästchen am HB unsere Daten?
Am Hauptbahnhof könnte eine neue Technik getestet werden, um Informationen über Passanten zu erhalten. Die Zuständigen schweigen.

Wer sie einmal entdeckt hat, kann sie nicht mehr übersehen. Auf allen Plakatständern, die im Bereich der Tiefgleise 31 bis 34 und 41 bis 44 des Zürcher Hauptbahnhofs stehen, sind seit kurzem schwarze, glänzende Kästchen montiert, rund 30 Zentimeter lang und 10 Zentimeter hoch. Eine Kurzumfrage auf dem Perron ergibt: Keiner weiss, wozu sie dienen.
Christian Hänggi von der werbekritischen IG Plakat Raum Gesellschaft hat sich einen der Quader genauer angeschaut. Wahrscheinlich handle es sich um eine Anwendung der sogenannten Cross-Device-Tracking-Technologie, sagt Hänggi. Diese ermöglicht es, mit mobilen Geräten in Kontakt zu treten. Dazu wird ein hoher Ton abgegeben (ein «Sound Beacon»), den erwachsene Menschen nicht hören können – Kleinkinder und Hunde hingegen schon. «Das getestete Kästchen am HB sendete im Bereich von 18 bis 19,5 Kilohertz», sagt Hänggi.
Mehr Wissen über Kunden
Mit dem Ton werden Handys und andere portable Geräte angesteuert. Die dazugehörende Software kann das Aufscheinen von Werbung bewirken, das Gerät orten, Cookies ablegen oder Informationen wie die IP-Adresse ablesen. Weiter ermöglicht die Methode, verschiedene Geräte der gleichen Person zuzuordnen. Das hilft Werbern, ein präziseres Profil potenzieller Kunden zu erhalten.
Damit die Kontaktaufnahme funktioniert, müssen die Nutzer eigentlich eine entsprechende App auf ihr Smartphone geladen haben. Aber: «Diese lässt sich auch via eine andere App auf das Telefon schmuggeln», sagt Hänggi. Bei der Installation der Träger-App werde man in den Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen. «Weil aber kaum jemand diese langen Texte liest, kann dies ohne das Wissen der Besitzer geschehen», sagt er. Schon vor vier Jahren warnten amerikanische Datenschützer vor den breiten Überwachungsmöglichkeiten dieser Technologie.

Was die Kästchen am HB genau bezwecken, bleibt ein Rätsel. Die APG, welche die Plakatflächen bewirtschaftet, wollte sich nicht dazu äussern. Auch die Firma, von der die Audiotechnologie stammt, schweigt. Die SBB verweisen an die APG. Bezüglich Datenschutz würden auf Bahnarealen die gleichen Regeln gelten wie auf öffentlichem Grund, heisst es bei der Pressestelle. Christian Hänggi findet: «Falls die APG auf diese Weise Daten sammelt, müsste sie zumindest sagen, wozu, wie lange und wo diese Daten gespeichert bleiben sowie wem sie verkauft werden.»
Tracking führte zu kritischen Reaktionen
Die Registrierung von Menschen im öffentlichen Raum ist stark umstritten. Vor zweieinhalb Jahren führte Valora einen Pilotversuch durch, ebenfalls am Zürcher HB. Die Betreibergesellschaft von K Kiosk, Caffè Spettacolo und Brezelkönig montierte in ihren Filialen Sensoren, welche die Wi-Fi-Signale aller Handys abfingen. So wollte Valora mehr über die Einkaufsgewohnheiten ihrer Kundinnen herausfinden. Das Unternehmen betonte, die Daten würden anonymisiert verwendet, der Versuch erfülle alle Vorgaben des Datenschutzes. Trotzdem führte das Tracking zu kritischen Reaktionen.
Der Versuch endete nach vier Monaten im Februar 2017. Dabei habe Valora Informationen zu den Besuchsfrequenzen und weitere Erkenntnisse gewonnen, sagt ein Sprecher. Seither habe man kein Projekt mehr mit Wi-Fi-Sensoren durchgeführt.
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