Sarkozy: Die Griechen haben alle überrascht
Die Ankündigung einer Volksabstimmung in Griechenland entsetzt Europa. Merkel und Sarkozy reisen deshalb früher zum G20-Gipfel und treffen sich bereits morgen zur Krisensitzung.
Der vereinbarte europäische Rettungsplan ist nach den Worten des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy der «einzige Weg» zur Lösung der Schuldenkrise Griechenlands. Mit der Ankündigung eines Referendums habe der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou alle überrascht, sagte Sarkozy heute Dienstag nach einer Sondersitzung mit den wichtigsten Ministern seiner Regierung.
Die führenden europäischen Institutionen müssten nun klären, unter welchen Bedingungen der Rettungsplan durchgeführt werden könne, sagte Sarkozy. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er telefoniert und vereinbart, die europäischen Institutionen zusammenzurufen. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, hatte zuvor erklärt, dass Merkel und Sarkozy sich bereits morgen Mittwoch in Cannes zu einer Konsultationsrunde mit den europäischen Institutionen und dem IWF treffen werden. Führende CDU-Politiker im wichtigsten Geberland Deutschland stellten derweil weitere Hilfen für Griechenland in Frage.
Zeitplan angekündigt
Sarkozy hatte heute Dienstag wegen der möglichen Volksabstimmung in Griechenland über den europäischen Rettungsplan führende Minister seiner Regierung zu einer Sondersitzung zusammengerufen. Aus dem Büro von Sarkozy hiess es, der Präsident habe den Ministerpräsidenten, den Finanz- und den Aussenminister sowie den Notenbankchef für den Nachmittag nach Paris gerufen.
Sarkozy gehörte zu den führenden Politikern bei der Entwicklung des Rettungsplan für das vor einer Staatspleite stehende Griechenland. Die geplante Volksabstimmung über die Sparpläne in Griechenland stellt deren Umsetzung infrage und hat in der Politik hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Nach der Bekanntgabe Papandreous veröffentlichten Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Erklärung. Darin mahnen beide Länder Griechenland an, sich an die vergangene Woche beim Euro-Gipfel getroffenen Vereinbarungen zu halten. In Cannes wollen Merkel und Sarkozy mit «europäischen Institutionen und dem IWF» sowie mit der griechischen Seite über das Thema sprechen.
In der deutsch-französischen Erklärung heisst es weiter, Deutschland und Frankreich wünschten, «dass in Abstimmung mit ihren europäischen Partnern und dem IWF bald ein Zeitplan zur Umsetzung dieser Vereinbarung angenommen wird».
Alles auf eine Karte gesetzt
Das griechische Referendum soll laut Giorgos Papandreou in einigen Wochen abgehalten werden. Die Vertrauensfrage will der Premier schon am Donnerstag oder Freitag stellen. Die griechische Opposition hat den Vorschlag eines Referendums zurückgewiesen und fordert vorgezogene Wahlen. «Wahlen sind eine nationale Notwendigkeit», sagte der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras nach Beratungen mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias.
Papandreou setze mit seinen Plänen für einen Volksentscheid die Mitgliedschaft Griechenlands in der Europäischen Union aufs Spiel. Seine Partei werde solche «opportunistischen Experimente» nicht mitmachen, erklärte der Chef der Partei Nea Dimokratia.
Heftige Auswirkungen auf die Märkte
Die Nachricht löste schwere Turbulenzen an den Börsen aus; insbesondere Aktien von Banken stehen massiv unter Druck. Die britische Regierung warnte unterdessen vor einem Scheitern der Rettung Griechenlands.
«Wir müssen an den Beschlüssen der Euro-Zone-Länder von vergangener Woche festhalten», forderte Finanzminister George Osborne. «Das ist ein wichtiger Teil der Erholung, nicht nur in der Euro-Zone, sondern für die ganze Welt, inklusive Grossbritannien.»
Unruhe vor dem G20-Gipfel
Auch der konservative Aussenminister Schwedens, Carl Bildt, zeigte kein Verständnis für das angekündigte Referendum. In einer Twitter-Mitteilung schrieb er: «Es gelingt mir wirklich nicht zu verstehen, worüber Griechenland ein Referendum haben will. Gibt es denn echte Optionen?»
In seinem Internetblog meinte der konservative Stockholmer Minister weiter: «Der gestrige Bescheid aus Athen, dass Regierungschef Papandreou irgendeine Art der Volksabstimmung plant, hat die Bewältigung dieser Situation nicht gerade leichter gemacht.» Diese Probleme würden nun den in Cannes bevorstehenden G20-Gipfel «mit absoluter Sicherheit dominieren.»
Nobelpreisträger: «Athen geht bankrott»
Deutlich wird der zyprisch-britische Wirtschaftsnobelpreisträger Christopher Pissarides in seiner Einschätzung der Referendumsankündigung aus Athen: «Es ist schwierig vorherzusagen, was passiert, wenn Griechenland die Pläne ablehnt. Es wäre schlimm genug für die EU im Allgemeinen und die Euro-Zone im Besonderen.»
«Es wäre aber noch viel schlimmer für Griechenland. Bei einem ‹Nein› müsste Griechenland sofort Bankrott erklären. Ich sehe nicht, dass Griechenland im Euro bleiben könnte», ist Pissarides' Schlussfolgerung.
sda/AFP/dapd/miw
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