In eigener SacheSauberes Handwerk, aber noch zu wenig Transparenz bei Korrekturen
Die jährliche Qualitätsanalyse zeigt: Die Tamedia-Redaktionen halten die journalistischen Standards insgesamt gut ein. Offene Wünsche bleiben beim Storytelling.

2021 wurden alle Tamedia-Redaktionen mit Ausnahme der in einem Fusionsprozess stehenden Berner Redaktionen («Der Bund», «Berner Zeitung») zum fünften Mal einem vertieften Qualitätsmonitoring unterzogen. Bei den Newsmedien wurde das digitale Angebot während einer Woche untersucht, bei den Zeitschriften wurden jeweils zusätzlich zwei bis drei Printausgaben einbezogen. (Hier finden Sie den ganzen Bericht)
Während dieses Monitorings zeigte sich bei allen Redaktionen, dass die im Tamedia-Handbuch «Qualität in den Medien» (2017) definierten handwerklichen Regeln insgesamt gut eingehalten wurden. Bei einzelnen Punkten bleiben aber offene Wünsche: Zwar werden sachliche Fehler zu rund 80 Prozent korrigiert, doch erfolgt diese Korrektur für die Leserinnen und Leser selten transparent (mit Hinweis auf den Fehler in einer früheren Version). Die Trennung von redaktionellen und kommerziell verantworteten Inhalten führte 2021 zu keinerlei Zweifeln.
Fairnessregel vereinzelt verletzt
Die kritische Distanz zu den Akteurinnen und Akteuren wurde zwar weitgehend eingehalten, sie drohte aber dort zeitweilig verloren zu gehen, wo es um eine «gute Sache» ging (Frauenstreik, Corona-Massnahmen der Behörden). Vereinzelt wurde in Beiträgen die Fairnessregel verletzt. Ein Thema bleibt die Vermischung von Fakten und Meinung in den Autorentexten, für die das Handbuch eine eigene Form verlangt. Die Vorstellungen dazu und die Umsetzung in der digitalen Produktion sollten geschärft werden.
Bei der Beurteilung des Mehrwerts der journalistischen Arbeit wurden erstmals die neuen Leitbilder («Mission Statements») der einzelnen Redaktionen einbezogen. Dabei ergab sich auch hier ein insgesamt positiver Befund: Zufrieden zeigten sich die zehn Expertinnen und Experten insbesondere bei der subjektiven Relevanz der Newsauswahl und dem Serviceangebot für die Leserschaft (aufgrund der immer besseren Kenntnis der Nutzung). Auf der Strecke blieb zeitweilig die objektive Relevanz angesichts der Notwendigkeit von täglich 8-10 Artikeln auf dem prominentesten Platz der Webseite. Dies insbesondere dann, wenn auch abseitige Themen und Meinungen prominent platziert werden.
Das Recherchedesk war oft Themenführer
Da alle Themen digital mit Bild produziert werden, steigt der Anspruch an eine eigenständige Visualisierung. Insgesamt ist der Umbruch zu «Mobile First» inzwischen in allen Redaktionen professionell umgesetzt, die einzelnen Berichte und Formen greifen deutlich besser ineinander als noch 2020. Hohe Anerkennung verdient die Arbeit unseres Recherchedesks, das zu aktuellen Themen – teils in internationaler Kooperation – oftmals Themenführer war (Pandora Papers, Maskenskandal, Kunstfehler in der Medizin u. a.).
Offene Wünsche bleiben beim Storytelling, das in Form und Zugang nach Ansicht aller Expertinnen und Experten vielseitiger sein dürfte. Ebenso die Interaktivität mit den Leserinnen und Lesern. Positiv vermerkt wurden die zahlreichen neuen Podcasts und die Debattenbeteiligung unserer Autorinnen und Autoren, die sich vermehrt in die Kommentarforen einschalten. Nach wie vor wünschbar bleibt aus Sicht des Qualitätsmonitorings ein Verzicht auf die Publikation anonymer Kommentare.
Res Strehle ist Leiter des Tamedia-Qualitätsmonitorings. Der vollständige Report ist auf der Tamedia-Website verfügbar.
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