SBB setzen auf Zugkameras als Suizidprävention
Neben der heute lancierten Kampagne «Reden kann retten» prüfen die SBB den Einsatz moderner Technik, um die Zahl der Schienensuizide zu verringern.

Während die Gesamtzahl der Suizide in der Schweiz seit etwa 30 Jahren tendenziell rückläufig ist, zeigt sich bei den SBB ein anderes Bild: Sogenannte Schienensuizide nehmen seit rund zehn Jahren langsam, aber stetig zu. Suizidale Menschen entscheiden sich somit vermehrt für diese Methode, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Im Jahr 2015 beendeten 126 Menschen ihr Leben auf diese Weise. Im langjährigen Durchschnitt sind es 112 pro Jahr, wie die SBB am Freitag in Zürich mitteilten. Im Durchschnitt sind die SBB somit jeden dritten Tag mit einem Schienensuizid konfrontiert. Dazu kommen zahlreiche Suizidversuche, bei denen die Menschen schwer verletzt überleben.
Vom Bewegungsmelder zur Kamera
Wie SBB-Konzernleitungsmitglied Kathrin Amacker vor den Medien in Zürich erklärte, prüfen die SBB zusammen mit Hochschulen den Einsatz von hochauflösenden Lokomotivkameras. Diese würden an den Lokomotiven installiert, sodass Bewegungen in Gleisnähe frühzeitig erkannt werden könnten. «Früher, als der Lokführer diese bemerken würde.»
Die Kamera würde dann ein Signal auslösen, dass sofort gebremst werden müsste. Nützlich wären solche Kameraaufnahmen auch für die Bewältigung eines erfolgten Schienensuizides, etwa für die Polizei, welche damit den Hergang klären könnte. «Ausgereift ist dieses Projekt aber noch nicht», betonte Amacker.
Ein anderes Projekt mit technischer Hilfe wurde inzwischen begraben: Im vergangenen Jahr prüften die SBB den Einsatz von Bewegungsmeldern. Diese wären an neuralgischen Stellen installiert worden und hätten Suizidgefährdete mit hellem Scheinwerferlicht von ihren Plänen abbringen sollen. Man entwickle lieber mobile Massnahmen wie die Lok-Kameras, begründete Amacker den Verzicht auf dieses Projekt.
Verhinderung von Nachahmungstaten
Wie seit einigen Jahren setzen die SBB weiterhin auf die Installation von Tafeln der Dargebotenen Hand (Tel 143) und auf das Absperren von neuralgischen Stellen. Sehr wichtig sei auch die Schulung der Mitarbeitenden. Bis Ende dieses Jahres sind 10'000 SBB-Angestellte darin geschult, gefährdete Personen zu erkennen und anzusprechen.
Wichtig sei auch, Nachahmungstaten zu verhindern, sagte Amacker weiter. Die SBB hätten deshalb ihre Kundeninformation geändert. Seit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember werden «Personenunfälle» nur noch im betroffenen Zug oder am betroffenen Bahnhof gemeldet. «Wir haben gemerkt, dass nur schon die breite Information über einen Personenunfall Nachahmungstaten fördern könnte.»
Schwer verkraftbare Situationen
Die SBB haben zudem mit mehreren Partnern zusammen die landesweite Präventionskampagne «Reden kann retten» lanciert. «Im ganzen Unternehmen ist die Betroffenheit über dieses Thema sehr gross», sagte SBB-Konzernleitungsmitglied Kathrin Amacker vor den Medien. Lokführer und Zugpersonal würden oft mit schwer verkraftbaren Situationen konfrontiert. Betroffen seien aber auch Passagiere, Augenzeugen, Rettungskräfte und Polizisten.
Seit 2012 gehen die SBB deshalb weg von der Situationsbewältigung, hin zur Suizidprävention. «Wir wollen, dass die Zahl der Schienensuizide abnimmt», sagte Amacker weiter. Die neue Kampagne werde hoffentlich ihren Beitrag dazu leisten.
«Reden kann retten» soll drei Jahre dauern
Die Kampagne, die heute lanciert wurde, zeigt ein Familienfoto, auf dem der Vater ausgeschnitten ist. Ein Suizid hinterlässt Lücken und betrifft immer mehrere Leben – für den Fall des Schienensuizides mit seinen vielen Betroffenen gilt dies besonders.
Kernstück der Kampagne ist eine Website, auf der Suizidgefährdete und Angehörige Informationen und Hilfsangebote finden. Geworben wird vorwiegend digital, da Betroffene sich meist im Internet über Themen wie etwa Depressionen informieren und dort über Bannerwerbung direkt abgeholt werden können.
Im nächsten Jahr sind auch Fernsehspots geplant sowie eine eigene Kampagne für Jugendliche. «Reden kann retten» soll drei Jahre dauern. Mitentwickelt wurde die Kampagne unter anderem vom Kanton Zürich, der Dargebotenen Hand und der Gewerkschaft des Verkehrspersonals.
SDA/sep
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