Schettino will einen Deal
Der Unglückskapitän der Costa Concordia rechnet offenbar mit einer Verurteilung: Francesco Schettino bietet ein Teilgeständnis an, will aber dafür eine Gegenleistung.
Der Kapitän des im Januar 2012 havarierten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia will eine langjährige Haftstrafe durch ein teilweises Schuldeingeständnis umgehen. Francesco Schettino würde sich teilweise schuldig bekennen, wenn das Strafmass auf drei Jahre und fünf Monate Haft begrenzt werde, sagte Anwalt Domenico Pepe vor Gericht im italienischen Grosseto.
Schettino muss sich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Verursachung von Umweltschäden und Verlassens eines Schiffes in Seenot verantworten. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.
Eine ähnliche Offerte Schettinos hatte die Staatsanwaltschaft bei den Voranhörungen im Mai bereits abgelehnt. Der Prozess gegen Schettino begann erst heute richtig, nachdem er in der Vorwoche wegen eines landesweiten Anwaltsstreiks umgehend vertagt worden war.
Absprachen mit fünf Angeklagten
In einem vom Hauptfall abgekoppelten Prozess wegen des Unglücks hatte sich die Staatsanwaltschaft zu einem Deal mit den fünf Angeklagten bereit erklärt. Voraussichtlich am Samstag werden der Krisenmanager der Reederei Costa Crociere, Roberto Ferrarini, der Steuermann des Schiffes sowie drei weitere Besatzungsmitglieder gegen ein Schuldeingeständnis zu Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und zehn Monate verurteilt.
Die Verteidigung kritisierte dieses Vorgehen. Auch für viele Opfer-Anwälte sind die Absprachen zwischen den fünf Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft ein Skandal.
32 Tote
Die Costa Concordia hatte am Abend des 13. Januar 2012 bei einem riskanten Manöver einen Felsen gerammt und war nur wenige Meter vor der zur Toskana gehörenden Insel Giglio leck geschlagen. Schettino verliess das havarierte Schiff und kehrte trotz mehrfacher Aufforderung der Hafenbehörde nicht an Bord zurück, während die meisten Passagiere noch versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. 32 Menschen starben. Zwei der Opfer werden noch immer vermisst.
Die Costa Concordia liegt bis heute vor der Küste Giglios auf der Seite. Bemühungen zur Bergung des Schiffes dauern an. Für das Mammutverfahren gegen Schettino sind mehr als 400 Zeugen geladen, es gibt 250 Nebenkläger.
Traumatisierte Überlebende
Heute berichtete unter anderem der Familienvater Gianluca Gabrielli von der Unglücksnacht. «Unsere Kinder wollen seither weder ein Flugzeug noch ein Boot betreten, sie sind traumatisiert», sagte der 33-jährige Römer, der sich mit seinen beiden Kindern und seiner Frau in einem Rettungsboot in Sicherheit bringen konnte. Über Monate hätten die Kinder anschliessend Albträume gehabt.
Verantwortlich für das Unglück sei Schettino, sagte ein Anwalt der Nebenkläger. «Es ist sehr einfach, der Fehler Schettinos war, dass er die Sicherheit der Menschen an Bord nicht gewährleistet hat», sagte Fabio Targa.
Langer Prozess
Ein weiterer Anwalt Schettinos sieht dagegen kein Verschulden seines Mandanten. Wenn der Kapitän nur zehn Minuten länger an Bord des Schiffes geblieben wäre, «wäre er auch ins Wasser gefallen und hätte die Evakuierung nicht leiten» können, sagte Donato Laino.
Nach Ansicht von Staatsanwalt Francesco Verusio bestehen an Schettinos Schuld keine Zweifel, nur die Höhe der Strafe müsse festgelegt werden. «Wir sind optimistisch, dass der Prozess in kurzer Zeit zu Ende geht, innerhalb der ersten Hälfte des Jahres 2014», sagte er. Angesichts von mehr als 400 Zeugen und einer langen Liste von Nebenklägern könnte sich der Prozess jedoch lange hinziehen.
AFP/mw
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