Schielen Chinesen auf Schweizer Grossbanken?
Robert Vogler, Historiker und früherer Politik-Analyst der UBS, macht sich Gedanken über das Undenkbare: die Übernahme von CS und UBS.

Sind UBS und CS Group Kandidaten für Übernahmen? Ist ein solches Szenario so abwegig? Für die Grossbanken könnte es eines nicht allzu fernen Tages gefährlich werden, meint jedenfalls der Historiker Robert U. Vogler in einem Beitrag für das Finanzportal Finews.ch. Vogler, viele Jahre Pressesprecher der SBG und bis Anfang 2009 Senior Political Analyst bei der UBS, ist auch der Ansicht, dass die Möglichkeit einer derartigen Entwicklung ernster zu nehmen sei als die Drohung von Top-Managern aus den Grossbanken, wegen zu scharfer Eigenkapitalvorschriften den Hauptsitz ins Ausland zu verlegen.
Historiker Vogler erinnert daran, dass sich das Aktionariat der Grossbanken bereits seit einigen Jahren mehrheitlich in ausländischen Händen befindet. Insofern seien UBS und CS keine Schweizer Unternehmen mehr. Vogler weist auch darauf hin, dass bei der UBS der Staatsfond von Singapur seit 2008 ein wichtiger Aktionär sei. Vor allem, meint der Bankenhistoriker weiter, wäre die Übernahme einer Schweizer Grossbank ein Klacks für eine staatlich kontrollierte chinesische Finanzinstitution. Die Kapitalisierung der UBS liege um die 66 Milliarden Franken und jene der CS bei rund 50 Milliarden. Zur Erinnerung: 2007 war die UBS 168,5 Milliarden wert, die CS 116 Milliarden.
Chinesische Expansion ist unvermeidlich
Nach Ansicht von Vogler drängen vor allem chinesische Finanzinstitute ins Ausland. Das Marktumfeld nach der Finanzkrise schaffe hervorragende Expansionsmöglichkeiten, wird Xiao Gang, Chairman der Bank of China, zitiert. Und Guo Tiangyong, Bankenprofessor in Peking, sagt, dass die Expansion ins Ausland unvermeidlich sei. Der chinesische Bankensektor habe seine Strategie für die internationale Expansion schon vor Jahren formuliert. Dieser Prozess sei aber wegen der Finanzkrise gebremst worden.
Offiziell wolle sich China nicht auf politisch heikle Transaktionen in westlichen Märkten einlassen und sich auf rasch wachsende Schwellenländer in Südostasien, Südamerika, Osteuropa und Afrika konzentrieren, schreibt Vogler. Aber warum sollten die Wirtschaftsverantwortlichen Chinas ihre Strategien nicht kurzfristig ändern, wenn sich günstige Gelegenheiten für strategisch interessante Übernahmen anbieten würden?
Wann die Gefahr einer Übernahme akut wird?
Die Möglichkeit, dass UBS und CS von einem ausländischen Bankenriesen übernommen werden, beurteilt Vogler im Moment als relativ tief, denn die soeben vorgelegten Zahlen zum Geschäftsjahr 2010 überzeugten noch gar nicht. Vor allem die UBS sei längst nicht dort, wo sie sein möchte und sein sollte. «Die Gefahr einer Übernahme wird aber dann akut, wenn die Turbulenzen eindeutig und sichtbar überwunden, die Hindernisse der vielen Rechtsstreitigkeiten mehrheitlich abgebaut sind, das Amerika-Engagement geklärt ist und die Gewinne wieder nachhaltig solid sind.»
Der wichtigste Gradmesser für die UBS sei allerdings ein anderer: Fliesse das Neugeld einmal wieder signifikant, «wäre das ein klares Zeichen wiederhergestellten Vertrauens - aber gleichzeitig auch die Kulmination höchster Gefahr». Laut Bankenkenner Vogler ist das Undenkbare also durchaus denkbar. Und er gibt folgendes zu bedenken: «Wer hätte sich noch vor wenigen Jahren das vorstellen können: Volvo Cars wird chinesisch, Rover Car und Jaguar werden indisch, IBM wird teilweise chinesisch.»
Sind UBS und CS also Übernahmekandidaten? «Es ist zu hoffen, dass eine solche Prüfung dem Bundesrat und der Politik erspart bleibt», schreibt Vogler. «Sie aber nicht in Betracht zu ziehen, wäre allerdings blauäugig.»
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