Schlechte Aussichten für Pensionskassen-Renten
Die Finanzkrise lässt die Polster der Pensionskassen schmelzen. Daher empfiehlt die BVG- Kommission, den Mindestzins der Guthaben auf zwei Prozent zu senken. Das mindert die Renten.
Die Schlagzeilen lassen aufhorchen: Seit Anfang Jahr haben die Pensionskassen laut Schätzung des Spezialisten der Bank Pictet, Thomas Häfliger, 45 Milliarden Franken verloren. Michael Brandenberger, CEO des Investment-Controllers Complementa findet diese Summe übertrieben und setzt sie seinerseits auf 30 Milliarden an. Klar ist aber: Die Verluste sind hoch und sie bringen manch einen Pensionskassen-Verwalter oder Stiftungsrat ins Grübeln. Zwar handelt es sich um Buchverluste – sobald sich die Lage an den Finanzmärkten verbessert, kann sich die Situation ändern. Nur sieht es danach im Moment nicht aus.
Der Aufschrei bleibt aus
Angesichts dieser Situation empfiehlt die eidgenössische BVG-Kommission, die den Bundesrat in Fragen der beruflichen Vorsorge berät, eine drastische Senkung des Mindestzinses: Die Altersguthaben der Versicherten sollen im nächsten Jahr nur noch zu 2 Prozent im Minimum verzinst werden. Dieses Jahr liegt der Mindestzins bei 2,75 Prozent. Die Verzinsung und der Zinseszins-Effekt haben grossen Einfluss auf die Höhe des angesparten Guthabens und damit letztlich auf die meisten ausbezahlten Renten (siehe Stichwort). Noch hat der Bundesrat nicht entschieden, ob er der Empfehlung folgen will – das tut er voraussichtlich im November. Doch in der Vergangenheit hielt er sich regelmässig an den Vorschlag der Kommission, in der nebst dem Bund und den Kantonen auch die Sozialpartner und Vorsorgeeinrichtungen vertreten sind.
Obwohl die empfohlene Senkung alles andere als mild ist, bleibt der Aufschrei vergangener Jahre aus. Das Wort Rentenklau mögen die Gewerkschaften nicht in den Mund nehmen. Sie hätten sich zwar eine Senkung auf 2,25 Prozent gewünscht. Colette Nova, die Expertin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, lässt aber durchblicken, dass sie mit den 2 Prozent leben kann. Wichtig sei indes, sagt Nova: «dass der Mindestzins in besseren Jahren wieder substanziell angehoben wird.»
Auf der Gegenseite ist auch nur eher verhaltener Protest zu hören. Der Arbeitgeberverband setzt sich im Verbund mit dem Versicherungsverband und dem Pensionskassenverband für 1.75 Prozent ein.
Sie orientieren sich bei diesem Wert an der mittelfristigen Rendite siebenjähriger Bundesobligationen, machen dabei aber einen Abschlag wegen der risikoreicheren Aktienanlagen geltend. Diese Formel möchten sie am liebsten auch als Richtwert für künftige Mindestverzinsungen festschreiben, doch darüber wird hinter den Kulissen noch heftig gerungen.
Die Empfehlung, die Mindestverzinsung auf 2 Prozent anzusetzen, taxiert Beat Krieger vom Versicherungsverband als «politischen Entscheid». Der Direktor des Pensionskassenverbands Hanspeter Konrad sagt nüchtern: «Wir hätten uns einen Wert darunter gewünscht.»
Schutz vor den Lebensversicherern
Der Pensionskassenexperte Werner Korradi der grössten PK-Beraterfirma Hewitt hält 2 Prozent für angemessen. Bedenken äussert jedoch ein anderer Experte, der Zürcher Finanzmarkt-Professor Martin Janssen. Ein zu hoher Zins führe dazu, dass der Deckungsgrad einer Pensionskasse sinke, sagt er. Dabei ist klar: Kassen, die in Unterdeckung fallen, müssen Sanierungsmassnahmen einleiten, was in aller Regel wiederum die Versicherten zu spüren bekommen. Mit einer zu hohen Verzinsung ist deshalb für sie nicht viel gewonnen. Zudem könnten die Pensionskassen eine tiefere Mindestverzinsung heute in guten Zeiten durch einen über dem Mindestzins liegenden Wert kompensieren, betont Janssen.
Etwas anders präsentiert sich die Situation für jene Arbeitnehmer, deren Gelder von Lebensversicherern verwaltet werden. Die Versicherer dürfen nämlich einen Zehntel des Ertrags, den sie mit den Geldern erwirtschaften, für sich behalten. Das könnte sie dazu verleiten, die Guthaben tief zu verzinsen, um möglichst viel Ertrag herauszuholen. Der Mindestzins stellt deshalb für die Arbeitnehmer in dieser Situation einen wichtigen Schutz dar. «Insofern kann ich nachvollziehen, dass die Gewerkschaften etwas Druck machen», sagt Professor Janssen. Im Falle der Pensionskassen sei die Festsetzung des Mindestzinses jedoch weniger sinnvoll – seiner Ansicht nach könnte er abgeschafft werden.
Sinnvoll findet Janssen hingegen, dass der Bundesrat gestern die Anlagebestimmungen für Vorsorgeeinrichtungen angepasst hat. Neu ist beispielsweise weniger präzis definiert, wie viele inländische und ausländische Aktien eine Pensionskasse halten darf: Die Anlagelimiten wurden vereinfacht. Dafür würden die Stiftungsräte mehr in die Pflicht genommen, sagt Joseph Steiger vom Bundesamt für Sozialversicherungen: «Wir wollen, dass die Stiftungsräte sich bewusst werden, welche Anlagestrategie dem Risikoprofil der Pensionskasse entspricht, dass sie die Investitionen überwachen, steuern und ein transparentes Reporting aufbauen.»
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