
Was kann eine Medienministerin überhaupt bewirken? Sollen Medien nicht frei sein, vom Staat unabhängig? In guten Zeiten gilt das. In schwierigen Zeiten, wie sie die klassischen Medien gerade durchmachen, wird von einer für Medien zuständigen Bundesrätin viel erwartet. Und sie kann auch einiges machen für die Branche, allerdings auch vieles, das sich negativ auswirkt. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt.
Als Doris Leuthard 2011 das Infrastrukturdepartement von Moritz Leuenberger übernahm, freuten sich die Verleger. Nach 15 Jahren SP-Vorherrschaft endlich eine Bürgerliche, eine mit Verständnis für die Privatwirtschaft. Glaubten sie. Leuthard erwies sich jedoch als flammende SRG-Verteidigerin mit wenig Verständnis für die Anliegen der privaten Medienbetriebe.
Politik aus Trotz
Vielleicht war das der Grund, warum sie verhängnisvolle Entscheide fällte. Angefangen bei Admeira, einem Werbeverbund, den die SRG vor drei Jahren mit Swisscom und Ringier gründete, was der Branche jahrelang Streit, Ärger und Prozesskosten bescherte. Dass Leuthard das Projekt erlaubte, zeugt von wenig politischem Gespür. Die SRG, die von der Bevölkerung jährlich 1,2 Milliarden Franken Gebühren bekommt, soll nicht Werbemarktpionierin sein und den privaten Medien das Auskommen streitig machen. Das hat die SRG unter der neuen Führung inzwischen selber eingesehen und sich aus Admeira zurückgezogen.
Der zweite grosse Fehler war der Entwurf des neuen Mediengesetzes. Auch Doris Leuthard selber ist mit dem Entwurf nicht zufrieden. Die neue Kommission, die künftig über die Verteilung der Gebührengelder entscheiden würde, habe sie aus Trotz ins Gesetz aufgenommen, gestand die Bundesrätin im Sommer in einem Radiointerview. Es habe sie geärgert, dass dem Bundesamt für Kommunikation stets zu viel SRG-Nähe vorgeworfen wurde. Nun werde man sehen, ob die Kommission es besser macht. Politik aus Trotz – das ist nicht nachhaltig.
Auch abgesehen davon ist das Gesetz nutzlos und verwirrend – eine Slalomfahrt zwischen verfassungsrechtlichen Schranken, vermeintlich progressiver Fokussierung auf Digitalprodukte und dem Willen, die Gebührengelder noch breiter zu verteilen. Der Branche würde das Gesetz nichts nützen, im Parlament wäre es nach heutigem Stand chancenlos.
Den Poststreit beenden
Die Lehren aus alldem: Unter Umständen ist es besser, wenn die Medienministerin nicht zu aktiv ist. Schon mit vergleichsweise kleinen, unspektakulären Schritten würde sie der Branche helfen. Zum Beispiel könnte Simonetta Sommaruga den seit Jahren dauernden Streit zwischen Post und Verlegern um Zustelltarife beenden und zugunsten der Zeitungen verfügen. Das wäre keine zu interventionistische Massnahme – im Gegenteil. Es ist ein Kuriosum, dass der Staatsbetrieb Post seit Jahren kleinlich und verbissen gegen die Verleger kämpft, und damit auch gegen das Ansinnen des Gesetzgebers, der die Zeitungszustellung im ganzen Land zu gleichen Bedingungen gewährleisten wollte.
Der Bundesrat könnte auch die bestehenden indirekten Fördermassnahmen ausbauen. Der Bund schiesst jährlich rund 30 Millionen Franken zur Vergünstigung der Zeitungszustellung ein. Diesen Betrag könnte man erhöhen, wenigstens vorübergehend.
Das Mediengesetz sollte Simonetta Sommaruga aufgeben. Jede weitere Bearbeitung des Entwurfs lohnt sich nicht. Dringende Massnahmen können auf dem Verordnungsweg oder im heute bestehenden Radio- und TV-Gesetz umgesetzt werden, auch wenn dieses Gesetz angesichts der rasanten Entwicklung im Medienkonsum nicht mehr zeitgemäss ist. Bevor ein neues Gesetz entworfen wird, sollte ohnehin die Verfassung angepasst werden. Das wäre ehrlicher, als ein unbefriedigendes Gesetz vorzulegen mit der Begründung, die Verfassung lasse nichts anderes zu.
Ambitiöse Aufgabe
Zugegeben: Eine mehrheitsfähige Strategie vorzulegen, ist ein sehr ambitiöses Ziel. Gerade deshalb sollte Simonetta Sommaruga mit dem grossen Wurf warten, bis sie eine wirklich gute Idee hat. Es ist schon viel, wenn sie die Branche versteht und eine Vorstellung von einem Ideal hat, mit dem sich ein grosser Teil der Medienschaffenden identifizieren kann.
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Schluss mit Leuthards Slalomfahrt
Das Mediengesetz der abtretenden Uvek-Chefin gehört aufs Altpapier. Ihre Nachfolgerin kann auch so handeln.