Schneider-Ammanns Hoffnung zerschlägt sich an Indien
Bundesrat Schneider-Ammann setzt sich auf Bali für den globalen Abbau von Handelsbarrieren ein. Doch Indien blockiert die Verhandlungen. Ein Durchbruch käme einer Sensation gleich.

Indien blockiert die Bemühungen der Welthandelsorganisation (WTO), ein Vertragswerk für den globalen Abbau von Handelsbarrieren zu erreichen. Beim staatlich subventionierten Ernährungsprogramm macht das zweitbevölkerungsreichste Land der Welt keine Kompromisse.
«Für Indien ist Nahrungsmittelsicherheit nicht verhandelbar», betonte Handelsminister Anand Sharma gestern bei der WTO-Ministerkonferenz auf der indonesischen Insel Bali. Die im sogenannten «Bali-Paket» vorgesehene Befristung staatlicher Agrarsubventionen zum Aufbau von Nahrungsmittelreserven auf vier Jahre werde sein Land nicht akzeptieren.
Diplomaten geben sich kämpferisch
Die Verhandlungen auf Bali sind damit blockiert. Doch «noch ist es nicht Zeit aufzugeben», gab sich der WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo kämpferisch. In der Nacht auf heute will er neue Vorschläge machen, und die Gespräche intensivieren.
«Die Verhandlungen sind erst am Anfang», beschwichtigte ein Diplomat. Er glaubt, dass «die Situation kritisch ist, aber nicht hoffnungslos.» So sieht es auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Am Ende des zweiten Verhandlungstages sagte er, dass «alles getan werden müsse, um einen Erfolg zu erreichen». Schneider-Ammann wies hoffnungsvoll darauf hin, dass nur wenig fehle.
«Eine Lösung ist nicht unmöglich, allerdings wird Indien dafür die notwendige Flexibilität an den Tag legen müssen», sagte auch EU-Handelskommissar Karel de Gucht. «Eigentlich bin ich Optimist, in diesem Fall aber eher missmutig gestimmt.»
Ernährungsprogramm für 800 Millionen Menschen
Die WTO-Ministerkonferenz war als letzte Chance bezeichnet worden, die seit zwölf Jahren stagnierende Doha-Verhandlungsrunde wiederzubeleben. Das vorliegende Vertragswerk sieht neben dem Abbau von Agrarsubventionen auch Vereinfachungen bei der Zollabwicklung und verbesserte Exportmöglichkeiten für Entwicklungsländer vor.
Allerdings krankt der Prozess an Differenzen zwischen den Industriestaaten und ärmeren Ländern. Indien hat sich an der Spitze von 46 Entwicklungsländern positioniert, deren Bevölkerungen mit Nahrungsmittelengpässen zu kämpfen haben. Und solange die Regierung in Neu-Delhi keine permanente Ausnahmeregelung für ihren im August verabschiedeten National Food Security Act erhält, will sie einen WTO-Kompromiss blockieren.
Ihr Programm sieht den weiteren Ausbau des ohnehin schon weltgrössten Nahrungsmittelverteilungssystems vor. Es gewährt Millionen armen Bauern Finanzhilfen, um die Nahrungsmittelpreise künstlich niedrig zu halten.
Künftig will der indische Staat noch mehr Getreide aufkaufen, um es dann zu niedrigeren Preisen an Bedürftige abzugeben. In seiner für 2014 angestrebten Endstufe soll das Programm zwei Drittel der Bevölkerung erreichen, was 800 Millionen Menschen entspräche.
Allgemein begrenzen die WTO-Regeln Nahrungsmittelhilfen auf maximal 10 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion. Vor allem die USA und die EU fürchten zudem, dass subventioniertes Getreide aus Indien und anderen Entwicklungsländern die Preise auf dem Weltmarkt verderben und zur Bedrohung für ihre eigene Agrarbranche werden könnte.
Schneider-Ammann: «Einmalige Chance nutzen»
Die Schweiz steht voll und ganz hinter der WTO, wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann betont. «Wir haben eine einmalige Chance der WTO wichtige Impulse zu geben. Wir müssen diese Möglichkeit nutzen - hier und jetzt», sagte der Chef des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Mittwoch bei der Plenarsitzung der Delegierten.
Auf Bali könne das Ende einer langen Blockade beendet werden, sagte der Bundesrat. «Scheitern wir, wäre das ein schwerer Rückschlag für das ganze multilaterale Handelssystem, und die Rolle der WTO als Diskussionsforum wäre empfindlich gestört.»
SDA/mrs
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