Schweiz bricht Kontakt mit Syrien ab
Zahlreiche Länder haben ihre syrischen Botschafter zu unerwünschten Personen erklärt – auch die Schweiz. Gemäss UNO sind die Drahtzieher des Massakers von Hula identifiziert.

Die Schweiz hat den diplomatischen Kontakt mit Syrien abgebrochen. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) teilte heute Dienstag mit, dass die für die Schweiz akkreditierte Botschafterin mit Sitz in Paris zur «persona non grata» erklärt worden sei. Das Aussenministerium begründete den Entscheid damit, Syrien habe «systematisch» zwei UNO-Sicherheitsresolutionen verletzt. Zudem setze das Land den Sechs-Punkte-Plan des UNO-Sondergesandten Kofi Annan nicht um.
Der diplomatische Druck auf Syrien hat nach dem Massaker von Hula stetig zugenommen: Auch mehrere EU-Staaten sowie die USA, Kanada und Australien wiesen heute die syrischen Top-Diplomaten aus.
Bei dem Massaker von Hula waren die meisten der mehr als hundert Opfer laut UNO bei zwei getrennten «Sammelhinrichtungen» getötet worden. Die syrischen Top-Diplomaten wurden angewiesen, in ihre Heimat zurückzureisen.
Opposition begrüsst Ausweisungen
Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Spanien und die Niederlande gaben die Ausweisung der bei ihnen akkreditierten syrischen Top-Diplomaten bekannt. Kanada und die USA schlossen sich dem ebenfalls an. In der Nacht hatte bereits Australien die Ausweisung des syrischen Geschäftsträgers erklärt.
Der Syrische Nationalrat als wichtigstes Oppositionsbündnis begrüsste die Ausweisungen. Zugleich rief er die internationale Gemeinschaft in einer Erklärung auf, «alle diplomatischen Verbindungen» zur Führung in Damaskus zu kappen. Den UN-Sicherheitsrat forderte der Nationalrat auf, eine Resolution nach Kapitel VII (der UN-Charta) zu beschliessen, die den «Einsatz von Gewalt» gegen Regierungstruppen und regierungstreue Milizen legitimiere.
Aus der Nähe erschossen
Die Vereinten Nationen veröffentlichten unterdessen Details zu dem Massaker in syrischen Hula. Die meisten Toten kamen demnach nicht beim Artilleriebeschuss durch die syrischen Truppen ums Leben, sondern bei zwei Massenhinrichtungen.
Weniger als 20 der 108 Toten von Hula wurden beim Artillerie-Beschuss getötet, wie das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) erklärt. Zu diesem Schluss sei das UNHCR aufgrund von Angaben der UN-Beobachter und anderen Quellen gekommen. «Die meisten anderen Opfer wurden bei zwei getrennten Zwischenfällen gemeinsam hingerichtet», sagte Sprecher Rupert Colville vor Journalisten in Genf.
Augenzeugen hätten mit der Regierung verbündete Milizionäre der Schabiha für die Angriffe verantwortlich gemacht. Diese operierten häufig in Absprache mit den Regierungstruppen. Bei dem Massaker kamen am Freitag nach UN-Angaben 108 Menschen ums Leben, darunter 49 Kinder und 34 Frauen.
Regime streitet Massaker ab
Die syrische Regierung wies jede Verantwortung für die Morde zurück und machte «bewaffnete Terroristen» für die Taten verantwortlich. «Es ist irrational, dass eine Partei, die Annans Mission zum Erfolg verhelfen will, jemals solch ein Massaker verüben würde», sagte der stellvertretende Aussenminister Faisal Mekdad vor Journalisten. Syrien unterstütze den Plan weiter und habe nicht gegen die Vereinbarungen verstossen.
Aktivisten veröffentlichten im Internet Videoaufnahmen von verstümmelten Leichen und explodierenden Granaten in dem Gebiet von Hula. Ausserdem waren Panzer und Schützenpanzer in Stadtzentren zu sehen, was dem Annan-Plan widerspricht. UN-Beobachter erklärten, sie hätten nach dem Massaker in Hula Granathülsen gefunden.
Annan besucht Assad
Der UNO-Sonderbeauftragte Kofi Annan hat Syriens Präsident Bashar al-Assad in einem persönlichen Gespräch nachdrücklich aufgefordert, den Friedensplan umzusetzen. Das teilt ein Sprecher des früheren UNO-Generalsekretärs nach dem Treffen in Damaskus mit. Ausserdem habe Annan die tiefe Besorgnis der internationalen Gemeinschaft wegen der Gewalt in Syrien und insbesondere in der Kleinstadt Hula zum Ausdruck gebracht, teilte der Sprecher Annans weiter mit.
Annan habe unmissverständlich gesagt, dass sein Sechs-Punkte-Plan keinen Erfolg haben werde, wenn nicht «mutige Schritte» zur Beendigung der Gewalt und der Freilassung Gefangener ergriffen würden. Obwohl eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts nach dem Massaker in Hula an mehr als 100 Zivilisten mehr als fraglich zu sein scheint, ist die vorherrschende Meinung immer noch, dass der UNO-Friedensplan die derzeit einzige Hoffnung für Syrien ist.
Annan war heute in Syrien eingetroffen und sagte bei seiner Ankunft, er hoffe auf «ernsthafte und offene Gespräche» mit Assad. Sein Plan für eine Waffenruhe war bereits vor sechs Wochen in Kraft getreten, die Gewalt hält aber an.
dapd/mrs
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